Unverzichtbar ist die Bürgerwehr, die zu Ehren des Heiligen an dem Gedenktag aufmarschiert, beim Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Peter und Paul am Altar Posten bezieht und auch danach eine tragende Rolle bei der Verehrung einnimmt. „Unsere Bürgerwehr unterscheidet sich von den anderen im Landkreis Kitzingen grundlegend und ist ausschließlich mit der Verehrung des Heiligen verbunden“, erklärt Georg Wagner, der schon zum 30. Mal die Bürgerwehr als Hauptmann anführt. Anders als bei diesen gehe es nicht um Selbstverteidigung und die Abwehr von Plünderern. „Die Existenz der Bürgerwehr ist ganz und gar an die Verehrung des Heiligen gekoppelt“, erklärt er. Deshalb sei sie zwar mit Gewehren bewaffnet. Geschossen werde jedoch nicht. Ohnehin seien die Gewehre nach Kriegsende von den Amerikanern eingezogen und durch Holzattrappen ersetzt worden.
Der „Schwarze Tod“, wie die Beulenpest landläufig genannt wird, forderte 1611 in Oberschwarzach besonders viele Opfer. 158 Personen starben, darunter auch der Pfarrer. Seither gibt es die Bürgerwehr, die zu Ehren des Heiligen, der seit jeher als „Pestheiliger“ und Patron der Schützen verehrt wird, auf würdige Weise und „mit klingendem Spiel und bewaffneter Mannschaft“ durch den Ort zieht. Konkret bedeutet das: Mit eigener Fahne, in Frack und Zylinder, das Gewehr geschultert.
Es geht zackig zu
Begleitet werden sie von der Steigerwaldkapelle in fränkischer Tracht und Abordnungen der Vereine. Beim Appell, der Totenehrung am Ehrenmal, in der Kirche und beim Zug durch den Ort geht es zackig zu: Der Hauptmann gibt die Kommandos von „Bürgerwehr stillgestanden!“, „Achtung präsentiert das Gewehr!“ bis „Rührt euch!“. Neben dem Hauptmann gibt es Offiziere, einen Fähnrich und Korporal und eine Pioniergruppe mit Beilen.
Glauben weitergeben
Die Auszeichnung ist das eine, das andere, die Frage, wie gelingen kann, den Brauch lebendig zu halten. „Entscheidend für uns ist nicht die Auszeichnung, sondern dass es gelingt, den Glauben unserer Vorfahren auch wirklich weiterzugeben, den Gottesdienst zu feiern und den Heiligen Sebastian mit der Bürgerwehr zu ehren“, stellt Georg Wagner fest.
Das Amt des Bürgerhauptmanns hat er von seinem Vater übernommen, der ihn schon als Zehnjährigen in die Tradition eingeführt hat. Für den Vater sei der Sebastiani-Tag eine Herzensangelegenheit gewesen. Lange Jahre in Kriegsgefangenschaft habe er gelobt, bei seiner Heimkehr den Brauch am Leben zu erhalten. Auch für den Sohn ist dies Verpflichtung.
Auch deswegen hat Georg Wagner den Brauch nicht am Ablauf, aber in der Organisation leicht an die heutige Zeit angepasst. In einer Festschrift zum 400. Jubiläum hat er den zuvor nur mündlich überlieferten Ablauf festgehalten. Um auch Berufstätigen die Teilnahme zu ermöglichen, wird der Festtag nicht mehr zwingend am Sebastiani-Tag, dem 20. Januar, gefeiert, sondern am Sonntag davor. Zuschüsse haben es ermöglicht, ausreichend Gehröcke und Zylinder anzuschaffen. Zudem gibt es seit 1978 Aufzeichnungen über die Teilnehmer, die jedes Jahr wieder herangezogen werden können, um die Reihen Jahr für Jahr wieder mit 50 bis 60 Männern dicht zu schließen. Auch der Schwiegersohn und der Enkel tragen mit Stolz die schwarze Garderobe.
Christian Ammon