In Wirklichkeit hat der Klosterort Münsterschwarzach schon sehr viel mehr als „nur" 100 Jahre auf dem Buckel. Bereits um das Jahr 780 wurde das Monasterium Suarzaha" von Fastrada, der dritten Gattin Karls des Großen, als Frauenkloster gegründet. Als 877 die letzte karolingische Äbtissin verstorben war, zogen Benediktiner aus Megingaudshausen in das Kloster an der Schwarzachmündung. Nach anfänglicher Blüte erlosch das klösterliche Leben jedoch wieder. 1001 folgte die erste Wiederbegründung durch Mönche von St. Emmeram. Abt Egbert (1047-1077) verhalf dem Kloster zu weiterem Aufschwung durch die Einführung der Reform seines Heimatklosters Gorze. Die Blüte gipfelte im Bau einer frühromanischen Basilika, die 1066 auf den Namen der heiligen Felizitas geweiht wurde. In den folgenden Jahrhunderten setzten Brände und Raubüberfälle dem Kloster immer wieder zu, bis es im Bauernkrieg 1525 fast gänzlich zerstört war. Zu neuem geistlichem und wirtschaftlichem Aufschwung kam es im 16. und 17. Jahrhundert; zu Beginn des 18. Jahrhunderts beauftragten die Mönche schließlich Balthasar Neumann mit dem Bau einer prächtigen Barockbasilika an Stelle der baufälligen romanischen Kirche. Doch die Basilika, die am 8. September 1743 geweiht wurde, sollte nur rund 60 Jahre stehen: Am 7. Mai 1803 hob Kurfürst Maximilian die Abtei im Zuge der Säkularisation auf und bereitete dem benediktinischen Leben ein jähes Ende: Der Kirchenschatz wurde eingeschmolzen, die Basilika geplündert, das Klostereigentum zerstört und verschleudert. Während die Kirche nach Blitzschlag und Brand zum Steinbruch degradiert wurde und zerfiel, wechselten die Klostergebäude mehrfach den Besitzer und wurden schließlich zu einer Papierfabrik.
Wiedererstanden 1913
Die Hoffnung, dass Münsterschwarzach eines Tages wiedererstehen würde, erfüllte sich im Jahre 1913. Aus St. Ottilien, wo Pater Andreas Amrhein 1887 ein Benediktinerkloster für die „Heidenmission" gegründet hatte, kamen 1901 die ersten Missionsbenediktiner nach Franken. Sie ließen sich zunächst in St. Ludwig bei Wipfeld am Main nieder. Der Zulauf war so groß, dass sich das Priorat schon bald als zu klein erwies. Und doch wollte Pater Plazidus Vogel, der spätere erste Abt von Münsterschwarzach, St. Ludwig keinesfalls verlassen. Immerhin hatte man das ehemalige Kurbad in kürzester Zeit zu einem kleinen Kloster ausgebaut. Und nun sollte alles von vorne beginnen? Doch Vogel blieb keine Wahl, die Mitbrüder in Korea und Tansania benötigten Unterstützung, und die konnte nur von einer potenten Abtei ausgehen.
Großer Zulauf
So erwarben die Benediktiner 1913 das Ökonomiegut mit den Klosterüberresten. Am 13. Februar 1914 wurde Münsterschwarzach wieder zur Abtei erhoben und Plazidus Vogel zum ersten Abt (1914-1937) gewählt; er erweckte den alten Klosterort mit vielen unermüdlichen Mitbrüdern zu neuem Leben. Die ersten Gottesdienste feierten die Mönche in einer rasch eingerichteten Zimmerkapelle. Es folgten ein Kirchlein im Torhaus und eine Notkirche gegenüber dem Pfortenhaus. Da die Zahl der Mönche aber weiter wuchs, wurden die Behelfslösungen bald zu klein; angeblich konnte man bei einer Profess im Jahr 1931 nicht einmal mehr das Weihrauchfass schwenken.
Obwohl der Gedanke an einen Neubau angesichts von Inflation, Weltwirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit schier unmöglich schien, machte man sich an die Planung von Kirche und Klosterausbauten. Im Dezember 1934 entschied man sich schließlich für die Kirchenbau-Pläne von Professor Albert Boßlet. Da der Konvent rasch wuchs und das Klima unter dem Druck des NS-Regimes immer kirchenfeindlicher wurde, war Eile geboten. In rekordverdächtiger Zeit wurde der Bau hochgezogen, so dass die Mönche bereits am Heiligen Abend des Jahres 1936 die erste Weihnachtsvesper in der neuen Kirche anstimmen konnten. Es folgte die Innenausstattung, die mit Ausnahme der Orgel ganz in Eigenarbeit geschaffen wurde. Am 11. September 1938 wurde die Kirche schließlich geweiht. Die Kirchweihe selbst glich bewusst einer prächtigen Inszenierung – vermittelte man doch so „recht großen Mut in schwerer, ganz schwerer Zeit", wie es Abt Sigisbert Mitterer von Schäftlarn formulierte. Der auferstandene Christus Salvator im Altarraum galt als Hoffnungszeichen angesichts der Bedrohungen durch das NS-Regime, die das Kirchenvolk damals „mit brennender Sorge" verfolgte.
Vertreibung durch die Nazis
Abt Vogels Nachfolger Burkard Utz (1937-1959) führte die Abtei durch die Zeit des Krieges. Trotz neuerlicher Aufhebung (1941), Vertreibung der Mönche und Nutzung als Lazarett kehrten die Benediktiner 1945 zurück. Anfang der 1960er Jahre erreichte die Gemeinschaft ihren personellen Höchststand mit 470 Mitgliedern. So gingen denn auch unter Abt Bonifaz Vogel (1959-1982) zahlreiche Patres und Brüder als Missionare nach Afrika und Korea; in Münsterschwarzach entstanden Schule, Internat, Gästehaus und Vollgymnasium. Das Hauptaugenmerk von Abt Fidelis Ruppert (1982-2006) galt der Verlebendigung der klösterlichen Gemeinschaft. In seiner Amtszeit wurden die Abteikirche renoviert und neu gestaltet, die barocken Gebäude renoviert, das Recollectio-Haus eröffnet und der Startschuss für den Ausbau der regenerativen Energien gegeben.
Seit 2006 steht Michael Reepen als 75. Abt von Münsterschwarzach und fünfter Abt seit der zweiten Wiederbegründung an der Spitze der Abtei. Von den derzeit rund 160 Mönchen leben etwa 120 in Münsterschwarzach und den abhängigen Häusern in Damme und Schuyler (USA), die anderen in Missionsklöstern in aller Welt. Hier wie dort wollen sie die christliche Botschaft verkünden und den Dialog mit anderen Kulturen und Religionen intensivieren. Sie alle orientieren sich dabei an der Grundmaxime benediktinischen Lebens, am „ora et labora" (Bete und arbeite) des heiligen Benedikt von Nursia. Ihr liegt die Überzeugung zugrunde, dass „alles Wirken nur dann von bleibendem Wert ist, wenn es geheiligt wird durch das Gebet".
In Münsterschwarzach ist in den vergangenen 100 Jahren aus dem kleinen Neuanfang eine Abtei mit Vorbildfunktion geworden. Denn trotz der Notwendigkeit, wirtschaftlich zu denken, will man hier bewusst nachhaltig, schöpfungsnah und menschenfreundlich arbeiten. Dies wirkt sich auf die Arbeit in Verlag, Druckerei, Buch- und Kunsthandlung, Goldschmiede, Bäckerei, Metzgerei, Gästehaus, Fair-Handel, Metallwerkstatt und Landwirtschaft ebenso aus wie auf das Schulklima des Egbert-Gymnasiums – „damit in allem Gott verherrlicht werde", wie der heiligen Benedikt vor 1500 Jahren in seiner Regel schrieb.
Veranstaltungen zum Doppeljubiläum
8. September, 9.30 Uhr: Festgottesdienst in der Abteikirche mit Bischof Friedhelm; anschließend Festakt.
3. bis 15. September: Symposium im Exerzitienhaus Himmelspforten zum Thema „Die Klöster und die Gesellschaft".
3. Oktober, 16 Uhr: Jubiläums-Konzert mit den Stuttgarter Hymnus-Chorknaben; Karten unter Telefon 09324-20213.
20. Oktober: Weltmissionssonntag: 10 Uhr Pontifikalamt mit Erzbischof Ludwig Schick (Bamberg), nachmittags Tag der offenen Klausur sowie Informationen zu den missionarischen Aktivitäten.
Anja Legge