„Tansania ist bunt, viel bunter als Deutschland. Die vielen Farben sind nur schwer zu beschreiben. Die bunten Kleider der Frauen, der rote Sand, die Palmen, die exotischen Früchte, die bemalten Häuser und Autos, die vielen Blumen und die alten Reklameschilder. Und Tansania ist heiß. Morgens um halb sieben hat es in Mtwara fast 40 Grad. Diese Stadt im äußersten Südosten des Landes liegt unmittelbar am Indischen Ozean. Die breiten aber flachen Wasser des Ruvuma trennen die Stadt Mtwara vom nahen Mosambik. Und noch etwas war neu für mich: Da Tansania nahe am Äquator liegt, dauern Sonnenauf- und -untergänge nur wenige Minuten.
Reise der Grenzerfahrung
Meine Reise in das Land, das zu den sieben ärmsten Ländern der Welt gehört, war immer wieder eine Grenzerfahrung. Sie begann – ich durfte Dr. Roland Weikert, einen Afrika erfahrenen Würzburger Arzt begleiten – mit einem neunstündigen Flug nach Nairobi. Zwei weitere Flüge brachten uns zu unserem Zielort Mtwara. Eine Woche waren wir dort in einem Schwesternhaus der Würzburger Erlöserschwestern zu Gast. Roland Weikert arbeitete wie schon viele Male zuvor einige Tage in der dortigen Krankenstation. Das menschliche Elend, das man dort zu Gesicht bekommt, war für mich zuerst schwer auszuhalten. Zuzusehen, wie ein stark unterernährtes Kind behandelt wird, von dem klar ist, dass es trotz medizinischer Hilfe die nächsten Tage nicht überleben wird, ist nicht ganz einfach. Der medizinische und seelische Beistand, den die Schwestern dort leisteten, ist enorm. Und dennoch ist er nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Mtwara, deren Einwohnerzahl auf dreißig- bis fünfzigtausend geschätzt wird, hat bis auf diese Schwesternstation keine vergleichbaren Einrichtungen. Die medizinische Versorgungslage ist katastrophal. Viele Krankheiten grassieren unter der Bevölkerung, an erster Stelle Malaria, dicht gefolgt vom HI-Virus. Dazu kommt eine weitere Gefahr: In Ostafrika hat es seit fast zwei Jahren nicht mehr richtig geregnet. Eine Hungersnot mittleren Ausmaßes bahnt sich an. Und wenn es Nahrungsmittel aus dem eigenen Land zu kaufen gibt, können sich diese nur wenige Menschen leisten.
Echte Gastfreundschaft
Die Menschen sind gegenüber Weißen sehr aufgeschlossen und freundlich. Die einen, weil sie ein Geschäft machen wollen, die anderen sind Leute der Oberschicht, die mit Europäern gesehen werden wollen. Einige haben ein echtes Interesse an unserer Kultur. Es passierte mir mehrfach, dass ich auf der Straße angesprochen wurde. „Djambo, Msungu – komm in unser Haus“. Djambo ist eine Allzweckbegrüßung, anwendbar zu jeder Tageszeit. Msungu steht für „Weißer Mann“. In ihren Hütten servierten sie mir Tee und Essen. Mein Kisuaheli beschränkte sich zwar nur auf sehr wenige Worte, doch die Verständigung war kein Problem. Viele sprechen Englisch, ansonsten halfen Gesten und Zeichensprache. Deutsch ist dort nicht mehr zu finden, obwohl das ehemalige „Deutsch-Süd-Ostafrika“ vor etwa hundert Jahren eine sehr stark deutsche Prägung erhalten hatte. Das einzige, was noch an deutsche Vergangenheit erinnert, sind einige Straßennamen in der alten Hauptstadt Dar es Salaam.
Gottesdienst Fest der Sinne
Die zweite Hälfte unserer Fahrt führte uns für einen Tag nach Mosambik, und für einige Tage in den Norden des Landes, wo wir zwei Safaris machten. Einen Tag verbrachten wir im „Lake Manyara National Park“, einen anderen im „Ngorongoro-Krater“. Die Fülle der Tiere und Pflanzen dort ist enorm, und es war mir vergönnt, Elefanten, Nashörner, Löwen, Giraffen und Nilpferde aus nächster Nähe zu sehen.
Nach sieben Flügen und über 20 000 geflogenen Kilometern kamen wir wieder wohlbehalten in Deutschland an. Und gleich umfing uns strenge Kälte. Die Eindrücke der Fahrt werden bei mir lange in Erinnerung bleiben. Sie haben mich verändert. Wer die Herzlichkeit der Menschen und ihre Aufgeschlossenheit, aber auch Armut und das Elend in Tansania erlebt hat, nimmt das Leben in unserer Gesellschaft und in einem reichen Land wie diesem bewusster wahr. Ich würde jedem raten, die Gelegenheit, Afrika außerhalb touristischer Pfade kennenzulernen, umgehend beim Schopf zu packen.“