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Die Propheten des 21. Jahrhunderts
Ein Prophet ist laut Lexikon jemand, der eine göttliche Botschaft empfangen hat und zugleich den Auftrag, diese weiterzugeben, und der diesen Auftrag auch erfüllt. Als Katholiken fallen einem bei diesem Begriff meist gleich die Propheten aus dem Alten Testament ein und ihr mitunter schweres Schicksal, da sie ja zumeist Dinge verkündeten, die die Leute nicht hören wollten. Gestalten mit dem Anspruch, einzelnen Menschen, Gruppen von Menschen oder gar der gesamten Menschheit die Zukunft vorhersagen zu können, hat es darüber hinaus in der Menschheitsgeschichte immer wieder gegeben. Nur gegeben? Es gibt sie nach wie vor; heute vermutlich sogar mehr von ihnen als je zuvor. Allerdings berufen sie sich – zumindest die, um die es hier gehen soll – nicht mehr auf eine göttliche Sendung, sondern auf Wissenschaft und Forschung, Gutachten und Studien, Umfragen und Statistiken, um ihre Aussagen zu legitimieren. Das ist auch zeitgemäß, denn der wissenschafts- und statistikgläubige Mensch von heute akzeptiert eine solche Begründung viel selbstverständlicher als etwa einen göttlichen Auftrag, obwohl sie meist ebensowenig nachprüfbar ist. Denn wer kann und wird die angeführten Forschungsergebnisse, Gutachten, Studien, Umfragen oder Statistiken nachprüfen? Wer kann sie wirklich beurteilen, weiß, was die Zahlen wirklich belegen? Wer weiß, wie sie zustandegekommen sind, wer da für wen geforscht hat, welche Fragen genau gestellt wurden – und wem? ... Und so kann munter prophezeit und spekuliert werden. Und wenn es ganz anders kommt, als vorhergesagt? Dann verkaufen uns die gleichen Experten eben neue, andere Prognosen, die die Medien, gierig auf immer wieder Neues, Anderes, dankbar weiterverbreiten. Langer Rede kurzer Sinn: Seien Sie skeptisch mit alldem, was derzeit wieder – manchmal geradezu fahrlässig – prophezeit wird. Die meisten dieser Propheten und Experten wissen über kommende Entwicklungen auch nicht mehr als Sie und ich. Und nicht das Wohl der Menschheit ist ihre Motivation, sondern Gruppeninteressen oder gar der eigene Geldbeutel.