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      Im Herbst reisen die Reliquien von Kilian, Kolonat und Totnan nach Mullagh

      Die große Reise der Kilians-Reliquien

      Während der Kilianioktav werden die Gebeine der Frankenapostel stets feierlich zum Kiliansdom getragen. Im Herbst aber verlassen sie erstmals das Bistum – mit Ziel Mullagh, der irischen Heimat von Kilian, Kolonat und Totnan.

      Um Reliquien rankt sich immer eine mystische Aura, sie weisen über unsere Alltagswirklichkeit hinaus. Wer sich auf den Weg zu ihnen macht, weiß nie genau, ob er sie gerade wirklich sehen kann, oft ist das nur zu bestimmten Zeiten möglich. Die Kiliansreliquien sind in der Regel nur zur Kilianizeit zu sehen. Daher ist es äußerst ungewöhnlich, dass nun im Herbst die wichtigsten Reliquien des Bistums Würzburg selbst auf die Reise gehen. Sie begleiten vom 2. bis 6. Oktober Bischof Dr. Franz Jung und Generalvikar Dr. Jürgen Vorndran mit einer Pilgergruppe in die Diözese Kilmore, von wo aus die Missionare einst im siebten Jahrhundert nach Würzburg aufgebrochen sind.

      „Der Hintergrund ist die fromme Überzeugung, dass Kilian aus Mullagh stammt, dass er dort geboren ist. Und mit der Reise seiner Reliquien kommt Kilian gleichsam nach Hause“, erklärt Dr. Wolfgang Schneider, Diözesankonservator und stellvertretender Kunstreferent der Diözese.

      Sie sind schlicht nicht zu ersetzen

      Reliquien sind von unschätzbarem Wert, sie sind schlicht nicht zu ersetzen. Für den Transport müssen folglich höchste Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. Die Reliquien werden daher gar nicht wirklich gemeinsam mit den Pilgern reisen. Wenn diese Irland erreichen, sind die Reliquien bereits angekommen. Und sie nehmen einen anderen Weg als die Gruppe, die via Flugzeug anreist. Da es keine „Reliquienversicherung“ gibt, werden die drei Schädel mit einer Transportversicherung für Kunstwerke abgesichert: „Der Schrein ist ja ein Kunstwerk, ein wunderbares Stück mit Bergkristall“, schwärmt Schneider. Die Versicherungssumme richte sich „nach Prozent- oder Promillezahlen des angegebenen Wertes des versicherten Gutes“, also des Schreins. „Wir schicken ein Kunstwerk auf Reisen und dieses Kunstwerk enthält dann die Reliquienschädel“, führt Schneider aus.

      Die Gefahr eines Diebstahls will er nicht zu hoch hängen. „Auf dem Transport steht ja nicht ‚Hier reist der Heilige Kilian!′“ – und das genaue Datum der Verbringung nach Irland wird ebenfalls nicht kommuniziert. Nur so viel sagt er: „Das geschieht nicht per Flugzeug, da man sonst keine permanente Kontrolle hätte, also werden die Reliquien mit dem Laster transportiert.“

      „Was den Transport betrifft und die Konservierung, kann man sagen, dass es Kunstwerke generell konstant mögen, die Temperatur sollte gleichbleibend sein, denn mit Schwankungen der Temperatur ändert sich auch die Luftfeuchtigkeit“, erklärt Schneider. Würde es sich um Holzobjekte handeln, wäre die Sache heikler. Hier seien es aber „vor allem Metall und Kristalle“, eben das Material des Schreins. „Aber natürlich kommen die Reliquien in eine stark gedämmte Klimakiste, so dass sich das Klima in dieser Kiste, wenn überhaupt, nur sehr langsam ändert“, beruhigt Schneider.

      Sobald der Schrein Mullagh erreicht hat, werde er für den Weitertransport von den Gastgebern übernommen, bis die Würzburger ihn am Ende in der Kathedrale der Diözese Kilmore in Cavan wieder in Empfang nehmen. Das Würzburger Traggestell geht für die geplanten Prozessionen mit auf die Reise. Gläubige können sich aber den Reliquien auch direkt in den Kirchen nähern.

      Sind die Reliquien überhaupt echt?

      Skeptiker mögen nun einwenden, dass ja nach so langer Zeit gar nicht sicher ist, ob die drei Schädel überhaupt die echten Schädel der Frankenapostel sind. „Ob es sich um die echten Reliquien handelt, ist nach katholischer Überzeugung nicht relevant“, konstatiert der Diözesankonservator. Das sei seitens des Bistums nie überprüft worden. Schneider macht deutlich: „Es ändert ja nichts an der frommen Zuwendung zu einer Reliquie, ob sie echt ist oder nicht. Aber wir gehen davon aus, dass es sich tatsächlich um die Häupter handelt, die von Burkard bei der Bistumsgründung erhoben worden sind.“ Es kommt also nicht auf die Materie an, sondern auf die geistige Essenz.

      Die Geschichte der Auffindung lässt sich nicht genau nachvollziehen. Es habe Teilungen zwischen Dom und Neumünster gegeben, erläutert Schneider. Die Knochen der Heiligen ruhen heute in der Krypta der Neumünsterkirche, die Häupter werden im Bergkristallschrein im Hochaltar des Domes aufbewahrt. „Im Dom verblieben die kapitalen Reliquien, also die Köpfe, einst gab es im Hochaltar noch einen Schrein aus Marmor, in dem verschiedene Reliquien waren, heute aber sind diese Körperreliquien bis auf Partikel – verschwunden. Nicht einmal die Schädel sind vollständig“, berichtet Schneider.

      Nun verlassen die Reliquien erstmals das Bistum. Im Bistum selbst gab es bereits einmal eine Prozession durch alle Dekanate. Ihren im Nachhinein wichtigsten Gang traten die Schädel 1942 an: Pfarrer Dr. Josef Hersam (1890–1948) holte sie heimlich nach Gerolzhofen, versteckte sie im Nordturm der Pfarrkirche Maria vom Rosenkranz und rettet sie damit vor den Bomben. Erst 1949 brachte man sie in einer dreitägigen Prozession wieder zurück. Die eiserne Kiste wurde am 3. Juli in die Sakristei gebracht und die Häupter in einen neuen Glasschrein gesenkt. Im Internet zeigt der Film „Die Kiliansreliquien kehren heim“ (www.youtube.com/watch?v=2FmqVddTl4I) die Rückkehr. Der Retter erlebte das nicht mehr: Er starb 1948 an Lungenkrebs.

      Jerzy Staus