Steffen Webers Leben dreht sich rund um die Feuerwehr. Der 44-Jährige arbeitet als Fachberater für Brand- und Katastrophenschutz in der Regierung von Unterfranken. In seiner Freizeit amtiert er zuhause in Hollstadt als Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr und Vorsitzender des Feuerwehrvereins.
„Bei mir begann das alles ganz klassisch, mit der Jugendfeuerwehr in meinem Heimatort Unsleben“, erklärt Weber. Seine ganze Clique sei damals der neu gegründeten Jugendgruppe beigetreten. Für ihn war es der Anfang einer lebenslangen Leidenschaft. Studiert habe er dann jedoch Bauingenieurwesen, aber als die Perspektiven in dieser Branche schwierig wurden, habe er sich auf die Stellenausschreibung bei der Regierung beworben. Infolge durfte er sich bei Berufsfeuerwehren im gesamten Bundesgebiet weiterqualifizieren.
Frische Impluse
Als er mit seiner Familie nach Hollstadt zog, woher seine Frau stammt, habe er eigentlich gar nicht vorgehabt, sich dort auch noch bei der Freiwilligen Feuerwehr zu engagieren. Seine Frau habe ihn schließlich ermutigt, der Anfrage seines Nachbarn, des stellvertretenden Kommandanten, zu folgen. „Der Verein brauchte damals einfach mal wieder frische Impulse und vor allem auch neue Mitglieder“, erklärt Weber.
Nach seiner Wahl zum Kommandanten im Jahr 2020 verstärkte Weber den Kontakt mit der Gemeinde, vor allem mit dem Bürgermeister. Gemeinsam entwickelten sie ein innovatives Konzept für die Freiwillige Feuerwehr. Mittlerweile hat der Feuerwehrverein wieder an die hundert Mitglieder, darunter 33 aktive Erwachsene. In der Jugendfeuerwehr wird eine Gruppe von 15 Jugendlichen an die künftigen Einsatzaufgaben herangeführt. Ganz besonders beliebt im Dorf sind die Aktionen der im Jahr 2023 gegründeten Kinderfeuerwehr: 37 „Feuerfanten“ im Alter zwischen sechs und elf Jahren sammeln spielerisch erste Erfahrungen, vor allem in Sachen Gemeinschaft. „Unser Nachwuchs ist Feuer und Flamme und sehr engagiert bei der Sache“, sagt Weber zufrieden. Mit Stolz tragen die Kinder und Jugendlichen Warnwesten und T-Shirts mit jeweils eigenem, selbstgewählten Maskottchen neben dem Logo der Feuerwehr.
Niemand ist entbehrlich
Wie lässt sich dieser rasante Mitgliederzuwachs erklären? „Wir haben viel Zeit investiert und die jungen Leute ganz gezielt angesprochen“, erklärt Weber. Mit dem Feuerwehrwagen sei er durch den Ort gefahren und habe persönliche Einladungen verteilt. Doch auch bei den erwachsenen Aktiven komme der Erfolg nicht von ungefähr: „Wir sind ein richtig tolles Team – jede und jeder spielt eine wichtige Rolle, niemand ist entbehrlich.“ Nur so könne eine Übung oder ein Einsatz gelingen.
Zwei Jahre dauert in Bayern die modulare Ausbildung in der Freiwilligen Feuerwehr. Das theoretische Wissen wird dabei stets durch praktisches Lernen und Übungen unter möglichst realistischen Bedingungen untermauert. „Bei uns gibt es keinen Frontalunterricht“, sagt Weber. Bereits Gelerntes werde regelmäßig wieder aufgefrischt, damit im Einsatz alles klappt. Ertönt der Alarm, muss das Einsatzteam zehn Minuten später vor Ort sein. In den Spinden hängt die Schutzkleidung griffbereit; manche Mitglieder steigen sogar gleichzeitig in Hose und Stiefel, um Zeit zu sparen.
Brände und technische Hilfe
Bei den Einsätzen geht es keineswegs nur um das Löschen von Bränden. Die Feuerwehr leistet vorwiegend technische Hilfe, beispielsweise bei der Beseitigung von Ölspuren, der Absicherung von Verkehrsunfällen, dem Auspumpen vollgelaufener Keller. Nachdem die Autobahn seit einiger Zeit nicht mehr zum Einsatzgebiet gehört, kommt es für die Feuerwehrleute nur noch selten zu Situationen, die das Team psychisch belasten, wie zum Beispiel die Bergung verstorbener Personen. Dennoch mahnt der Kommandant bei jedem Notfall zur Besonnenheit: „Bei Glatteis sage ich zum Beispiel immer, es ist besser, anzukommen als umzukommen. Manchmal nerve ich meine Kollegen damit, aber es ist extrem wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren, wenn es heiß hergeht.“
Eine gute technische Ausstattung ist für die erfolgreiche Feuerwehrarbeit wichtig. Neben dem Feuerwehrwagen und dem Mannschaftsbus steht noch ein weiteres Fahrzeug in der Hollstädter Fahrzeughalle. Der dritte Stellplatz wurde an den Freistaat vermietet, der dort einen Versorgungs-LKW stationiert hat, der demnächst mit mobilen Notstromaggregaten ausgestattet wird und das Einsatzspektrum erweitert.
Auch der nach drei Jahrzehnten spürbar in die Jahre gekommene Feuerwehrwagen werde bald ersetzt, erzählt Weber erfreut. Dann stehe endlich auch ein ausreichend großer, eingebauter Wassertank zur Verfügung; der jetzige sei mit 600 Litern zu klein. 530000 Euro koste das neue Fahrzeug; über 400000 Euro müsse die Gemeinde selbst tragen, der Rest komme vom Freistaat. Spätestens Anfang 2025 werde der Wagen eintreffen; leider nicht rechtzeitig zum 150. Jubiläum der Hollstädter Feuerwehr, das am ersten Mai mit einem großen Fest gefeiert wird.
Wallfahrtsbegleiter
„Wir von der Feuerwehr gehören wieder untrennbar zum Dorfleben. Wenn wir zu Veranstaltungen einladen, ist die Bude voll“, erläutert Weber. Auch mit dem Sportverein und der Kirche gebe es eine langjährige, gute Zusammenarbeit. Die Freiwillige Feuerwehr sei unentbehrlich für die Sicherheit bei Großveranstaltungen, so auch bei den Wallfahrten zum Kreuzberg und nach Vierzehnheiligen. Die Aufgaben beim Feuerwehr-Ehrenamt sind übrigens so vielfältig, dass nicht nur junge Menschen dort aktiv werden dürfen. Wer mit Atemschutz ein brennendes Gebäude betritt, muss neben der Spezialausbildung selbstverständlich auch eine hohe körperliche Leistungsfähigkeit mitbringen. Andere Dinge, beispielsweise das Aufstellen von Absperrungen, können aber auch ältere, weniger bewegliche Mitglieder erledigen. Auch vom Zeitaufwand her ist das Ehrenamt überschaubar. Zwei bis drei Termine im Monat sind die Norm. Die Einsätze der Hollstädter Feuerwehr summierten sich im Schnitt auf 14 bis 16 pro Jahr.
Viel weiblicher Nachwuchs
Dennoch gibt es eine im Bayerischen Feuerwehrgesetz festgelegte Altersgrenze von 65 Jahren. Weber hofft, dass sie bald im Einklang mit dem Arbeitsrecht auf 67 Jahre erhöht wird. „Viele unserer älteren Mitglieder sind nämlich topfit“, erzählt er. Was erhofft sich Steffen Weber für die Zukunft? „Ich wünsche mir, dass sich mehr Frauen bei den Aktiven engagieren. Derzeit haben wir leider nur ein weibliches Mitglied“, sagt er. Schaut man jedoch auf die Kinderfeuerwehr, muss sich der Kommandant um die Geschlechterverteilung bei den künftigen Einsatzteams wohl keine Sorgen machen: Mehr als die Hälfte der kleinen „Feuerfanten“ sind Mädchen.
Karen A. Braun