Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Probeabo des Magazins bestellen

Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt erfahren Sie im Sonntagblatt.

    Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt...

    Mehr
    Betrachtung zum Sonntagsevangelium von Stephan Tengler, Kreuzwertheim

    Die Chance nutzen

    Betrachtung zum Sonntagsevangelium von Stephan Tengler, Kreuzwertheim
    Evangelium
    Zu jener Zeit kamen einige Leute zu Jesus und berichteten ihm von den Galiläern, die Pilatus beim Opfern umbringen ließ, so dass sich ihr Blut mit dem ihrer Opfertiere vermischte. Da sagte er zu ihnen: Meint ihr, dass nur diese Galiläer Sünder waren, weil das mit ihnen geschehen ist, alle anderen Galiläer aber nicht? Nein, im Gegenteil: Ihr alle werdet genauso umkommen, wenn ihr euch nicht bekehrt. Oder jene achtzehn Menschen, die beim Einsturz des Turms von Schiloach erschlagen wurden – meint ihr, dass nur sie Schuld auf sich geladen hatten, alle anderen Einwohner von Jerusalem aber nicht? Nein, im Gegenteil: Ihr alle werdet genauso umkommen, wenn ihr euch nicht bekehrt. Und er erzählte ihnen dieses Gleichnis: Ein Mann hatte in seinem Weinberg einen Feigenbaum; und als er kam und nachsah, ob er Früchte trug, fand er keine. Da sagte er zu seinem Weingärtner: Jetzt komme ich schon drei Jahre und sehe nach, ob dieser Feigenbaum Früchte trägt, und finde nichts. Hau ihn um! Was soll er weiter dem Boden seine Kraft nehmen? Der Weingärtner erwiderte: Herr, lass ihn dieses Jahr noch stehen; ich will den Boden um ihn herum aufgraben und düngen. Vielleicht trägt er doch noch Früchte; wenn nicht, dann lass ihn umhauen.
    Lukas 13,1–9

     

    Wenn ich mir vorstelle, es hätte zur Zeit Jesu schon Boulevardblätter gegeben, dann könnten die Ereignisse, von denen uns das heutige Evangelium erzählt, vielleicht folgende Schlagzeilen bekommen haben: „Massaker an Galiläern verübt – wer ist wirklich schuld?“ und: „Katastrophe in Schiloach – 18 Menschen tot – technisches oder menschliches Versagen?“
    Und dann würden wahrscheinlich sehr reißerisch die Hintergründe dieser Ereignisse durchleuchtet. Als große Sensation käme der Leser dann irgendwann zu dem Schluss: Die Ursache für diese schrecklichen Begebenheiten liegt in beiden Fällen bei den Opfern selbst! Sie waren anscheinend so sündig, dass sie von Gott mit diesem furchtbaren Tod bestraft worden sind. Für damalige Leser wäre dies sicherlich nicht überraschend. Und auch heute noch soll es ja Zeitgenossen geben, die behaupten, dass menschliches Leid und Elend als Sündenstrafe zu betrachten seien.
    Diese Auffassung ist Jesus nicht fremd, doch er kann sie so nicht stehen lassen: Deshalb verschiebt er den Akzent und setzt die Menschen, die umkamen, auf die gleiche Ebene wie diejenigen, die ihm von den Tragödien erzählen. Jesus unterscheidet da nicht, wer mehr oder weniger sündigt, sondern er betont vielmehr die Notwendigkeit zur Umkehr. Aber: Nur die Lebenden haben noch die Gelegenheit dazu.
    Um seine Meinung zu unterstreichen, liefert er ein Gleichnis nach: Da will ein Feigenbaum über Jahre hinweg keine Früchte tragen, bis der Besitzer den Befehl erteilt, ihn umzuhauen. Doch in diesem Augenblick setzt sich der Gärtner für den Baum ein und gibt ihm noch eine Chance.
    Wenn der Baum dann trotz Düngung keine Früchte tragen will, kann er ja immer noch gefällt werden. (Der aufmerksame Leser des Lukasevangeliums fühlt sich hier an eine ähnlich klingende Passage des dritten Kapitels erinnert: Dort ist es Johannes der Täufer, der ebenfalls die Umkehrunwilligen mit einem Baum vergleicht, der keine Früchte bringt und der deshalb umgehauen und ins Feuer geworfen wird, vgl. Lk 3,8-9).
    Im Gegensatz zu anderen Gleichnissen ist hier der Schluss offen: Jesus erzählt nicht, ob der Baum doch noch Früchte trägt oder ob er letztendlich niedergehauen wird. Aber das ist auch nicht so wichtig. Worauf es ihm ankommt, ist – um im Bild zu bleiben – die immer wieder neue Chance zum Früchte bringen. Auf uns Menschen übertragen bedeutet das: Gott gibt uns immer wieder neu die Chance zum „Frucht bringen“, selbst wenn wir über Jahre ausgetrocknet sind, unsere Beziehung zu Gott einem toten Blatt gleicht, der Kontakt zu unseren Mitmenschen wie morsches Holz ist, und wir in den Verästelungen des Alltags keinen Platz mehr für das Wesentliche haben.
    Früchte bringen und Umkehr zeigen hieße dann: das Leben bewusst mit Gott gestalten, an Beziehungen zu arbeiten, auch wenn sie sich manchmal als schwierig erweisen und den Blick nicht zu verlieren für das, was dem Leben Halt und Sinn gibt. Mag sein, dass wir das in letzter Zeit versäumt haben – aber noch haben wir die Möglichkeit zur Veränderung und die Chance unserem Leben eine gottgewollte Richtung zu geben. Es wäre schade, wenn wir sie nicht nutzen würden.
     
    Der Autor ist Pastoralreferent in der Pfarrei Kreuzwertheim.