Angefangen hat das alles vor vielen Jahren in der Holzschnitzschule von Bischofsheim, erzählt Ludwig Härder. Das war im Jahre 1934. 13 Jahre war er damals jung, und mit ihm saßen noch etwa 25 weitere Interessierte an der Werkbank, die das Schnitzen lernen wollten. Um in die Schule aufgenommen zu werden, mussten die Jugendlichen erst einmal vier Wochen lang zeigen, wie sie sich beim Schnitzen „anstellen“. Da habe sich dann die Spreu vom Weizen getrennt.
Härder besaß das nötige Talent und absolvierte mit Erfolg die Schule. Zu Hause musste er allerdings in der Landwirtschaft mitarbeiten, und so blieb das Holzschnitzen für ihn zunächst nur ein Hobby. Er arbeitete für eine Möbelfabrik, wo er sich auf Stilmöbel spezialisierte. Bis zu 70 Stunden in der Woche musste er arbeiten, was zur Folge hatte, dass er die Landwirtschaft aufgeben musste. So nebenbei pflegte der Junggeselle noch seinen Vater. Für das Schnitzen, so wie er es in der Holzschnitzschule gelernt hatte, blieb da zunächst recht wenig Zeit. Mit der Zeit aber konnte er sich mit dem Schnitzen einen Nebenverdienst aufbauen. Die Bastheimer und die Leute aus der Umgebung kannten und kennen ihren Ludwig Härder auch heute noch. So finden seine Schnitzereien gerade als Hochzeits- oder Kommuniongeschenke guten Absatz. „Hier sind es natürlich die religiösen Motive, vorwiegend ein holzgeschnitztes Kreuz“, sagt der Schnitzer. So ist auch der Begriff vom „Herrgottsschnitzer von Bastheim“ entstanden schmunzelt der heute 84-Jährige.
Seine kleine Werkstatt ist voll mit vielen verschiedenen Werken, die er in den vergangenen 20 Jahren gefertigt hat. Da findet man zum Beispiel Faschingsmasken, ein Pferd, einen Jäger, eine Madonna oder auch den heiligen Florian, den Schutzpatron der Feuerwehr. Wenn Ludwig Härder heute schnitzt, dann sind es meist vorgefräste Figuren, die er mit dem Messer nachbearbeitet. Früher sei das natürlich anders gewesen, da wurde aus einem Holzstück heraus das Kunstwerk geschnitzt. Heute ist das Schnitzen zu einem Hobby für den Bastheimer geworden, das er aber keinesfalls aufgeben will – „so lange es geht werde ich an der Werkbank zu finden sein.“
Geschnitzt wird übrigens meist aus Lindenholz. Das lässt sich nämlich am besten bearbeiten und erfordert nicht allzu viel Kraftanstrengung. Aus Eichenholz ist der Sebastiansbrunnen in Bastheim gefertigt, den Härder erstellt hat. Früher kamen auch noch Grabkreuze hinzu, die man bei ihm bestellte. Auch sie waren aus Eichenholz. „Na ja, wenn man ein Holzwurm ist, dann will man auch etwas machen,“ lacht Härder und greift zum Messer, um am Gewand der „heiligen Cäcilia“ weiterzuarbeiten.
Fragt man ihn nach Preisen für seine Werke, dann kommt er zunächst ins Grübeln. Direkt gegenüber seiner Werkbank steht eine etwa ein Meter große Madonna. „Na ja ein paar hundert Euro müsste ich dafür schon verlangen,“ lacht er und verweist darauf, dass er die meisten seiner Schnitzwerke verschenkt. Vor allem seit der Währungsumstellung hat er große Probleme beim Verkauf registriert. Auf Bestellung arbeitet er übrigens nicht mehr.
Seine Werke gingen schon nach Amerika und mehrmals hat er in den vergangenen Jahrzehnten auch schon einmal für Schnitzereien in Oberammergau gearbeitet. Und dann zeigt der Bastheimer auf kleine sitzende Männchen, die er im Regal stehen hat. „Die sind zum verschenken“, sagt er lachend. „Geldscheißer sind das. Es wäre schon schön, wenn man so etwas hätte, oder nicht?“ Wer mit Ludwig Härder in seinem „Reich“ ins Gespräch kommt, der stellt schnell fest, dass hier ein Mann an der Werkbank sitzt, der auch im Alter noch ganz und gar mit seinem Beruf verwachsen ist. Somit trägt er zu Recht bis heute den Namen „Herrgottsschnitzer von Bastheim.“