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    Kinder entdecken im Bayerischen Nationalmuseum die Welt der Ritter

    Der Drache und die Königstochter

    Kinder entdecken im Bayerischen Nationalmuseum die Welt der Ritter
    Der Herr mit dem eleganten Bart im Gesicht und den spitzen Schuhen hat einen Traumberuf. Findet zumindest Nathan: „Der ist nämlich Ritter“, erklärt er bewundernd. Und dass Ritter tolle Typen sind, daran hegt er keinen Zweifel. „Die bringen böse Drachen um und retten Leute und haben ganz große Schwerter.“ Außerdem, sagt Nathan, könnten sie sogar heilig werden: „So wie der da.“ Der heilige Georg aus Salzburg, eine Skulptur aus Lindenholz aus der Zeit um 1400, scheint zu diesen Worten milde zu lächeln. Und noch ein bisschen entschiedener auf den Schwanz des bösen Drachen zu treten.
     
    Mittelalter
    Dass Kinder Ritter lieben, ist eigentlich nichts Neues. Trotzdem: „Ritter sind zurzeit total in“, sagt die Historikerin Angela Baur, die an diesem Sonntag Nachmittag zusammen mit einer Kollegin rund 200 Kinder durch die Säle des Bayerischen Nationalmuseums in München schleust. „Von Rittern, Drachen und anderen Sachen“ heißt das Projekt des Museums-Pädagogischen Zentrums München, das die jungen Besucher in altehrwürdige Hallen locken und sie spielerisch mit der Welt des Mittelalters in Berührung bringen will. „Die Ritter-Zeitreisen gehen total gut, da sind sowohl die Kinder als auch die Eltern mit Begeisterung dabei“, erklärt Baur.
     
    Fabelwesen
    Ist Harry Potter schuld am Kult um Burgbewohner und Fabelwesen? Oder vielleicht der Herr der Ringe? Die Historikerin zuckt die Achseln. „Wir wissen auch nicht so recht, warum es momentan diese Wahnsinns-Faszination gibt.“ Nathan kann das schon genauer erklären und weist alle komplizierten Erwachsenen-Theorien weit von sich: „Ich hab drei Playmobil-Ritter, mit denen spiel’ ich am liebsten.“ Seine Freundin Isabel nickt zustimmend, und Vanessa ergänzt: „Außerdem hab ich das Buch vom Ritter Rost, und bei Jim Knopf gibt es den netten Drachen Nepomuk, den mag ich so gern.“ Keine Frage: Es regiert noch Tradition im deutschen Kinderzimmer.
     
    Zeitreise
    Wenn Angela Baur mit den Kindern auf Zeitreise geht, dann können auch Erwachsene noch einiges dazulernen. Zum Beispiel, dass die spitzen Schnabelschuhe des heiligen Georg in der Zeit der Gotik en vogue waren, später die Mode aber die runden Kuhmaulschuhe vorschrieb. Dass der tapfere Recke sein Pferd mit Hilfe einer Treppe besteigen musste, weil so ein Harnisch durchaus seine 60 Kilo wiegt. Oder dass das Turnier eine Art Vorläufer der Formel Eins war, weil immer wieder verwegene Sportler darin umkamen. An einem mittelalterlichen Chorgestühl aus Berchtesgaden zeigt die Historikerin, dass Drachen schuppige Haut haben und giftige Dämpfe speien, an einem Altarrelief aus Eichstätt erklärt sie den Unterschied zwischen Schwert und Lanze.
     
    Bauchreifen
    „Wir wollen den Kindern ja nicht irgendein billiges Ritterklischee liefern“, meint Baur. „Viele haben ganz überzogene, dramatische Vorstellungen aus irgendwelchen Fantasyfilmen.“ Im Museum jedoch sollen die Kinder lernen, genau hinzuschauen, sich auf etwas einzulassen. Die Experten vom Museums-Pädagogischen Zentrum, die in rund 50 bayerischen Museen Familiennachmittage, Ferienprogramme und Veranstaltungen für Schüler und Studenten auf die Beine stellen, setzen auf kindliche Entdeckerfreude statt auf Effekthascherei. Deswegen gibt es an diesem Nachmittag auch eine Ritter-Rallye, auf der die Kleinen die Bauchreifen eines Harnisch zählen und in geschnitzten Stadtmodellen den Bergfried suchen.
     
    Ritterhelm
    Schließlich kann das Bayerische Nationalmuseum locker mithalten mit so einer Playmobil-Burg. Allein schon der Waffensaal ist ein Eldorado für alle Ritter-Fans. Dutzende grimmiger Kerle in silber glänzenden Rüstungen stehen hier herum. Und die Kinder dürfen sogar alte Helme und Handschuhe aus dem Depot anprobieren. „Hu, lasst mich wieder raus, es ist so dunkel hier drin!“, schreit Vanessa und blickt mit blauen Augen etwas panisch durch die Sehschlitze. „Dann klapp doch das Visier auf!“, meint Nathan mit leiser Verachtung. Mädchen, ach Gott. Erst als er selbst mit dem Kopf in dem gewaltigen Ritterhelm steckt, muss er zugeben: „Hm, schon ein bisschen schwer, das Ding.“ Besonders fasziniert die Kleinen ein Kinderharnisch, wie ihn der Nachwuchs im Mittelalter gern geschenkt bekam: „Können wir so einen nicht kaufen?“, erkundigt Nathan sich bei seinem Vater. So eine eigene Rüstung wäre natürlich schon eine großartige Sache, „auch wenn sie vielleicht nicht so bequem ist“. Zugegebenermaßen.
     
    Drachen
    „Jungen mögen Ritter so gerne, weil die starke Kerle sind, Mädchen träumen sich gerne in Fantasiewelten mit Prinzessinnen hinein“, meint Angela Baur. Von bösen Drachen allerdings wollen beide Geschlechter nichts wissen. Die wilden Geschöpfe, die sie später in einem Nebenraum auf Papier und Becher malen, können noch so Furcht erregend Feuer speien, sie sind alle ohne Ausnahme „ganz liebe Drachen“, so wie Tabaluga oder Nepomuk. „Der tut nix“, versichert Isabel und mustert verliebt die von ihr entworfene Bestie in Grün. Vanessa dagegen bedauert den Drachen, der unter dem Fuß des heiligen Georg liegt, die Lanze tief in den Leib gerammt: „Dem tut das bestimmt weh, und außerdem ist ihm der Schwanz abgebrochen, dem Armen.“ – „Aber wenn er doch die Königstochter fressen wollte?“ Vanessa überlegt. „Auch wieder wahr“, räumt sie schließlich ein. Es gilt nun einmal die Regel: Liebe Drachen wohnen im Kinderzimmer, böse im Museum.
     
    Traumberuf
    Ein paar Stunden in der wahren Ritterwelt rücken eben doch einiges zurecht. Die Sache mit dem Traumberuf hat sich Nathan gegen Ende des Nachmittags noch mal anders überlegt. „Toll sind die schon“, sagt er, „mit ihren großen Schwertern. Aber ich glaube, ich möchte doch nicht Ritter werden. Die sterben nämlich alle ganz bald!“
     
    Weitere Informationen zum Programm des Museums-Pädagogischen Zentrums München gibt es unter Telefon 089/23805296 oder 089/28815822 (für Schulen) oder im Internet unter „www.mpz.bayern.de“.