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Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt erfahren Sie im Sonntagblatt.

    Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt...

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    Der Baumeister des Herrn

    Mit Job sprechen wir beim Verlust von Hab und Gut, von Angehörigen und Nächsten: Der Herr hat es gegeben, der Herr hat es genommen; der Name des Herrn sei gebenedeit! Sein Wille sei geheiligt.“ Diese Sätze gibt Bischof Matthias Ehrenfried den noch lebenden Würzburgern nach dem schweren Luftangriff vom 16. März 1945 mit auf den Weg. Nicht nur die Ver­lus­te an Menschenleben sind enorm, gerade auch die Zerstörung von Häusern und Wohnungen trifft die Menschen hart. Vier Jahre nach der verheerenden Bombardierung Würzburgs nimmt sich das neu gegründete St. Bruno-Werk der Wohnungslosen in ganz Unterfranken an.
    „Die Risse in der gewölbten Decke wachsen täglich. Die Kinder wissen nicht, warum der Vater hundertmal am Tag nach oben schaut. Er aber weiß, daß über ihrem Tisch die vielen Tonnen des zusammengebrochenen Hauses lasten. Vier Meter hoch liegt der Schutt. Aber Regen und Tau­schnee finden ihre Sickerwege. Dann stehen in allen Ecken der Wohnküche Eimer und Büchsen. Das klopft wie in einer Tropfsteinhöhle. Im Anfang waren die Kinder selig, daß sie unter Zeltbahnen und Regenschirmen die Suppe löffeln durften. Nach dem ers­ten Jahr fanden sie keinen Spaß mehr daran. (...) Unausstehlich ist die Enge. Am gleichen Tisch macht der Hans seine Schularbeiten, die Mutter spült, die Gertrud stopft Strümpfe, der Vater trägt Rechnungen ein und die Maria schält Kartoffeln. Am gleichen Tisch. Da muß es ja zu Reibereien kommen. Man tritt sich förmlich chronisch auf die Hühneraugen. Auf dem Wandbrett liegt ein Ordner: Wohnungsgesuche. (...) Vielleicht kommt eine Antwort, wenn die Decke eingestürzt ist.“So beschreibt Diözesanjugendführer Oskar Neisinger zu Beginn des Jahres 1949 das Leben einer Familie im Keller ihres zerbombten Hauses. Noch Jahre nach dem Krieg gehört es zum Alltag in den zerstörten Städten, dass Menschen in einsturzgefährdeten Kellern und provisorischen Hütten ihr Dasein fristen. Eltern und Kinder leben in engen und klammen Räumen mit nicht zur Familie ge­hörenden Menschen zusammen. Wel­che Probleme sich aus diesem Zustand ergeben, berichtet der Leiter des Wohnungsamtes der Stadt Würzburg, Heinrich Müller: „In letzter Zeit häufen sich die Fälle, daß entlassene Kriegsgefangene heimkehren und nicht in ihre Familie aufgenommen werden können, weil infolge der Wohnungsnot im Laufe der Zeit andere Personen eingewiesen wurden. Da wir oft nicht in der Lage sind, sofort derartige Auseinanderlegungen vornehmen zu können und auch dem Zurückkehrenden keine Schlafstelle zur Verfügung steht, kommt es (...) vor, daß oft wochenlang wildfremde Ehepaare in einem Zimmer hausen müssen.“  

    Woge von Wohnungssuchenden

    Missstände dieser Art herrschen außer in Würzburg auch in den Städten Aschaffenburg, Gemünden, Kitzingen und Schweinfurt sowie in etlichen Landgemeinden, die von Kriegszerstörungen betroffen sind. Hinzu kommt die Woge der Flüchtlinge und Vertriebenen, die sich nach 1945 über Unterfranken ergießt. Es handelt sich um Menschen, die von traumatischen Erlebnissen gezeichnet sind und nach einer neuen Bleibe suchen. Die Wohnungsnot ruft die Diözese auf den Plan. Bischof Matthias Ehrenfried, der nach der Zerstörung seines Palais in Kloster Oberzell untergekommen ist, berührt die verzweifelte Lage der Wohnungssuchenden. Zwar erlaubt es ihm seine Stellung, rasch ein neues Quartier zu finden. Trotzdem reiht er sich gedanklich ein ins Heer der Ausgebombten, die über Nacht das Dach über dem Kopf verloren haben. Als Ehrenfried am 30. Mai 1948 76-jährig im nach Rimpar ausgelagerten Juliusspital stirbt, hinterlässt er 30000 Reichsmark, die für den Bau von Wohnungen genutzt werden sollen. Die nur wenige Wochen später durchgeführte Währungsreform reduziert die Summe allerdings merklich, außerdem sind Baumaterialien nach wie vor nur schwer zu bekommen. Nicht einmal ein bescheidenes Bauprojekt bringt die Diözese 1948 auf den Weg. Doch die Wende ist eingeläutet. Sie fällt zeitlich zusammen mit dem Tod Ehrenfrieds und dem Wechsel im Amt des Diözesanbischofs. Ehrenfrieds Nachfolger, der aus Hausen bei Bad Kissingen stammende Julius Döpfner, wird am 14. Oktober 1948 in der Neumüns­terkirche zum Bischof geweiht. Ein messerscharfer Verstand, eine Respekt gebietende Ausstrahlung und ein forscher Umgangston kennzeichnen die Persönlichkeit des 35-Jährigen. Die Geburtshilfe für den sozialen Wohnungsbau gehört zu den ersten Herausforderungen, denen sich Döp­f­ner im neuen Amt stellt. Die Voraussetzungen dafür haben sich in den wenigen Monaten seit dem Tod seines Vorgängers spürbar verbessert. Die Währungsreform brachte die Geldwirtschaft und den Handel mit Baumaterialien wieder in Schwung. In enger Absprache mit Caritasdirektor Robert Kümmert bereitet Döpfner daher die Gründung einer „Fränkischen Wohnungsgenossenschaft“ vor. Im Würzburger Bistumsblatt erscheint der Aufruf zur Gründungsversammlung, die am23. Januar 1949 im Pfarrsaal von St. Burkard in Würzburg stattfinden soll. In seinen Erinnerungen erzählt der langjährige Caritasdirektor Kümmert, am Abend vor der Versammlung habe gegen 22 Uhr das Telefon neben seinem Bett geläutet und die Stimme am anderen Ende der Leitung habe verkündet: „Hier ist der Bischof. Ich habe über die Gründung der Wohnungsgenossenschaft morgen nachgedacht. Könnte man sie nicht ‚St. Brunowerk‘ nennen? Bruno hat den Dom zu bauen angefangen.“ Kümmert weiter: „Natürlich sagte ich: ‚Ja‘. Hauptsache: Der Bischof tut mit!“  

    Gotteshaus des Herzens

    Und das tut er wohl. Bei der Gründungsversammlung in der Pfarrei St. Burkard richtet Döpfner an die 212 anwesenden Gründungsmitglieder Sätze, die in die Geschichte der Diözese eingehen: „Doch Gott der Herr, der einst im Zelt mit seinem Volke durch die Wüste zog, will nicht herrliche, in allem Glanz erneuerte Kirchen, während seine Kinder in Elendswohnungen hausen; denn wichtiger als die Tempel von Stein ist ihm das Gotteshaus des Herzens, das aber in der grauenvollen Wohnungsnot unserer Zeit notwendig zerfallen muß. So bedeutet uns der Name des frommen Seelenhirten Bruno: Wohnungsbau ist heute in Wahrheit Dombau, Wohnungssorge ist Seelsorge und drum auch Herzenssorge des Bischofs.“ Die Ansprache wird im gesamten Bistum verbreitet. Kaum ein Schlagwort wird in Unterfranken seither so mit der Ära Döpfner verknüpft wie das Motto „Wohnungsbau ist Dombau“. Manche Zeitgenossen empfinden die Aussage als provozierend, obwohl Döpfner einen leicht nachvollziehbaren Gedanken äußert: Entwurzelte Menschen ohne Obdach sind für die Verehrung Gottes nur schwer zu gewinnen. In München rümpft Michael Kardinal von Faulhaber dennoch die Nase über seinen jungen Amtsbruder, der dem Anschein nach die Bedeutung des Kirchen- und Dombaus in Frage stellt ... Den vollständigen Beitrag finden Sie im Würzburger katholischen Sonntagsblatt vom 10. Mai 2009.