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„Das Recht des Kindes auf sorgsame Erziehung hat oberste Priorität“

Auszug aus einem Interview mit Dr. theol. habil. Hubertus Brantzen, Professor für Pastoraltheologie in Mainz und Ausbildungleiter für Kapläne und Pastoralassistent/innen.
Die Eltern sind die besten Erzieher. Der Staat darf nicht die Kontrolle über die Familie übernehmen, warnt Dr. theol. habil. Hubertus Brantzen, Professor für Pastoraltheologie in Mainz und Ausbildungsleiter für Kapläne und Pastoralassistent/innen im Bistum Mainz sowie zusammen mit seiner Frau Maria-Theresia Leiter der „Akademie für Ehe und Familie“ in Mainz.

Was versteht die Kirche klassischerweise unter Familie?
Die Kirche schaut auf die biblischen Aussagen, dass Gott den Menschen als Mann und Frau und als Gemeinschaft geschaffen hat, verbunden mit dem Auftrag, fruchtbar zu sein. Das macht die unveräußerliche Würde der Menschen aus. Der Auftrag zur Fruchtbarkeit bezieht sich auf das Zeugen und Erziehen von Kindern, in einem übertragenen Sinn aber auch auf die Weltgestaltung allgemein.

Haben sich die Formen von Ehe und Familie, wie die Kirche sie sieht, im Laufe der Geschichte gewandelt?
Es gab verschiedene Eheschließungsformen im Lauf der Geschichte. Nicht von Anfang an hat die Kirche die Ehe ausdrücklich als „Sakrament“ bezeichnet. Das änderte sich erst ab dem 11. Jahrhundert. Im ersten Jahrtausend reichte es vielfach, dass die beiden Partner eine Lebensgemeinschaft aufnahmen, um eine Ehe zu begründen. Lange Zeit und in vielen Gegenden war eine offizielle Eheschließung mit Assistenz des Priesters nicht erforderlich, um eine Ehe zu begründen. Der Weg zur Gleichberechtigung von Mann und Frau in unserem heutigen Sinn war weit. Die Grundaussage, dass Frau und Mann eine unveräußerliche Würde als Ehepaar besitzen, blieb aber immer als Konstante gleich. Die Ausprägung dessen hing vom jeweiligen gesellschaftlichen Kontext ab.

Es gab also auch Konstanten in allen Veränderungen?
Die Eckpfeiler waren nach kirchlicher Auffassung stets die Unauflöslichkeit, Einheit und Treue in der Ehe sowie die Offenheit der Ehe auf Kinder. Jede konkrete Form der Ehe wird sich daran messen lassen müssen. Die praktische Zuordnung von Frau und Mann hat sich im Laufe der Geschichte gewandelt. Bis ins 19. Jahrhundert war vielfach eine patriarchalische Ehestruktur selbstverständlich. In einer bäuerlichen Kultur war es allerdings selbstverständlich, dass die Frau einer beruflichen Tätigkeit nachging, nämlich der Mitarbeit in der Landwirtschaft. Das änderte sich erst mit dem Übergang ins industrielle Zeitalter. Im bürgerlichen Bereich war es in der Regel die Aufgabe des Mannes, Geld zu verdienen, während die Frau sich um die Familie kümmerte. Im Bereich der Arbeiter mussten dagegen meist Männer und Frauen gleichermaßen durch berufliche Arbeit zum Lebensunterhalt beitragen.
Im Blick auf Letztere forderte die Kirche einen „Lebenslohn“ für die Männer, also ausreichenden Lohn für den Lebensunterhalt der ganzen Familie, damit die Frauen sich um die Erziehung der Kinder und das Familienleben kümmern könnten. Einen endgültigen Wandel brachte im europäischen Raum die Erfahrungen der beiden Weltkriege. Durch die ungeheueren Leistungen der Frauen während der Kriege und in der Zeit des Wiederaufbaus entwickelte sich ein Selbstbewusstsein und eine Selbstständigkeit der Frauen, die heute selbstverständlich ist. Die Gestaltung der öffentlichen wie privaten Lebensbereichen wird von Frauen und Männer gemeinsam wahrgenommen.

Welches Bild von der Mutter vertritt die Kirche? Bevorzugt sie die „Nur-Mutter“ gegenüber der berufstätigen Frau?
Die Kirche bezieht sich auf die Heilige Schrift, in der es heißt, es gebe nicht mehr Mann und Frau, sondern alle seien eins in Jesus Christus (Gal 3,28). Das Rollenverständnis der Frau muss sich an einem klaren Pfeiler orientieren: Ihre unveräußerliche Würde muss geachtet werden, nicht nur im Bereich des Haushaltes. Daran muss sich alles messen lassen.

Viele Frauen haben Angst, als „Nur-Mutter“, „Nur-Hausfrau“ und Heimchen am Herd abgestempelt zu werden. Steht die Frau aber nicht von Natur aus dem Kind näher?
Betrachtet man das konkrete Leben, dann muss man sagen: Die Frau trägt das Kind in ihrem Leib, gebärt und stillt es. Sie hat von Natur aus eine größere und unmittelbarere Nähe zum Kind als der Mann. Davon kann sie sich nicht emanzipieren. Das ist unabänderlich von der Natur so eingerichtet. Der Mann und Vater wird in anderer Weise eine Beziehung zu seinem Kind aufbauen. Die Frage ist nur: Wenn Frauen ihren Beruf, auf den sie sich oft jahrelang vorbereitet haben, ausüben möchten, wie kann dann ihre natürliche Nähe zum Kind konkret gestaltet werden?

Nehmen die unter dreijährigen Kinder durch eine Krippenbetreuung Schaden? Oder stimmen Sie der Entwicklungspsychologin Lieselotte Ahnert zu, die behauptet: Die Mutter-Kind-Beziehung leidet nicht unter der Fremd-betreuung?

Kinder unter drei Jahren brauchen eine konstante Bezugsperson. Zur Entwicklung einer Persönlichkeit ist diese Beziehung unabdingbar notwendig. Der erste Ort der Entwicklung wird darum die Familie sein. Andererseits kann eine Frau, die ihr Kind unter dem Druck irgendwelcher Lebensumstände zeitweise zur Betreuung weggeben muss, nicht als „Rabenmutter“ bezeichnet werden. Man muss genau hinsehen, wie Betreuungssituationen in entsprechenden Einrichtungen konkret aussehen. Es macht einen wesentlichen Unterschied, ob hier eine Bezugsperson konstant etwa für drei Kinder zuständig ist oder viele verschiedene Personen für sehr viele Kinder. Im Blick auf die gegenwärtige Diskussion könnte man auch die Frage stellen: Warum ist es nicht möglich, eine gegebenenfalls notwendige Betreuung in die Familie zu holen?

 

Das vollständige Interview finden Sie in der aktuellen Printausgabe.