Man schrieb den 2. Juni 1409, als Erkinger von Seinsheim und seine Frau Anna von Bibra im östlich der Vogelsburg gelegenen Ostheim (Astheim) das Kartäuserkloster Pons Mariae (Marienbrück) stifteten. Ob dies nun vor allem geschah, um der Idee von Ordensgründer Bruno nachzufolgen oder um der Steigerwaldfamilie Seinsheim (später Schwarzenberg) eine würdige Begräbnisstätte zu schaffen, die der der Casteller auf der Vogelsburg ebenbürtig war, ist nicht mehr festzustellen. In jedem Fall zogen sich Bau und Besiedlung der Kartause einige Jahre hin, so dass die Eingliederung in den Kartäuserorden erst 1415 erfolgte; 1469 war die erste Klosterkirche vollendet – doch bereits während der Bauernkriege wurde die Kartause geplündert und zerstört. Um 1583/84 entstanden neue Klostergebäude, Kreuzgang, Johanniskapelle und ein prächtiges Priorat; zwischen 1603 und 1606 wurde auch die Kirche neu errichtet. Nach der Besetzung durch die Schweden im 30-jährigen Krieg wurde die Anlage grundlegend barockisiert, um schließlich 1803 zu großen Teilen abgerissen zu werden. Erhalten blieben lediglich das Eingangstor, die Kirche, der Zwischenbau mit der Johanniskapelle sowie das Priorat. Nach der Säkularisation fiel das verlassene Kloster zunächst wieder dem Fürstenhaus Schwarzenberg zu; 1954 verkaufte es die Familie dann an die Gemeinde Astheim, die im ehemaligen Priorat ihr Rathaus einrichtete. Seit Juni 1999 nutzt nun die Diözese die geschichtsträchtigen Räume als Museum, das den vielfältigen Einsatz des Bildes in Liturgie, Individual- und Wallfahrtsfrömmigkeit dokumentiert.
Über 600 Ausstellungsstücke
Der Initiator und geistige Vater des Museums, Domkapitular Dr. Jürgen Lenssen, ist stolz, über 600 Kunstwerke aus der Zeit zwischen 1320 und 1900 in Astheim präsentieren zu können. Werke der „hohen Kunst“ stehen dabei gleichwertig neben solchen aus der Volkskunst. Wichtig war es dem Kunstreferenten der Diözese auch, „das vor Ort Vorhandene aufzugreifen und aufzufächern“. So macht sich das Museum ganz bewusst die klösterliche Atmosphäre zunutze, die den Räumen noch immer innewohnt und die die Kunstwerke noch intensiver erfahrbar werden lässt.
Als „Schlüssel für die fränkische Sakrallandschaft“ und „Museum mit Lerneffekt“ soll die Kartause Astheim heute dienen. „Während Kunstwerke einst ein wichtiger Teil der christlichen Verkündigung waren, hat der moderne Mensch leider vielfach das Gespür verloren, dass all diese Bilder eine Botschaft haben“, bedauert Lenssen. Deshalb soll der Besucher hier „die Sprache der Kunst wieder lesen lernen und neu entdecken, was die Bildwerke bezeugen“. Gerne erläutert Lenssen dies bei seinen Führungen an dem Gemälde „Josef mit Kind“ von Georg Anton Urlaub. Mit Kompetenz und Einfühlungsvermögen macht er auf verschlüsselte Botschaften aufmerksam und verdeutlicht, dass es sich hier um mehr als nur um eine Vater-Sohn-Darstellung handelt.
Christus-Darstellungen
Der Rundgang vermittelt dann einen lebhaften Eindruck vom menschlichen Bemühen, sich mit Hilfe von Bildern dem göttlichen Geheimnis anzunähern. Dies beginnt mit der Sehnsucht nach dem „wahren Abbild“ Jesu, das seinen ersten Platz in der Frömmigkeit fand. Zu den anfangs weit verbreiteten Idealbildern des Guten Hirten kamen bald neue: So lag beispielsweise im Mittelalter der Fokus auf Leiden und Auferstehung Christi. Passionsdarstellungen und Kreuzwegbilder sollten in ergreifender Form das vor Augen führen, was in der Liturgie der Kar- und Ostertage gefeiert wurde. Zugleich entwickelte sich der leidende Gottessohn zu einem eigenständigen Bildtypus und zur Identifikationsfigur – ob nun als Christus an der Geißelsäule oder als Gefallener, der ins Leere greift. Ein besonders eindrucksvolles Kuriosum aus diesem Bereich ist ein Kruzifix mit klappbaren Schwenkarmen für den häuslichen Bereich, an dem sich Kreuzabnahme und Grabesruhe sinnfällig nachvollziehen ließen.
Von der weit verbreiteten Sehnsucht nach Authentizität zeugen auch Reliquiare und Klosterarbeiten, die die sterblichen Überreste Heiliger in aufwändige Rahmen betten. „Die Echtheit der Reliquie war meist zweitrangig, so dass man ohne Weiteres über mehrere Nepomukszungen hinwegsehen konnte“, erläutert Lenssen: „Zentral war der Verweis auf das Zeugnis.“
Doch nicht nur im liturgisch-sakralen Raum fanden die Bildwerke Verwendung; im Laufe der Jahrhunderte hielten diese auch Einzug in den häuslichen Bereich und begleiteten den Menschen durch den Lebensalltag. Ein wichtiges Anliegen der Barockzeit war beispielsweise der bewusste „gute Tod“, zu dem verschiedene geistliche Hilfsmittel dem Gläubigen verhelfen sollten. Hinzu kamen Darstellungen der Heiligen Familie bei Sonntagsspaziergang oder Tischgebet, die das erstrebenswerte Vorbild familiären Zusammenlebens vor Augen stellten.
Eine umfangreiche Sammlung an Hinterglasbildern spiegelt die Verwendung religiöser Bilder im Zeitalter der beginnenden Industrialisierung wider: Durch die Massenherstellung erschwinglich geworden, konnte man die Werke, die aus den Kirchen bekannt waren, nun auch mit nach Hause nehmen.
Ein gerade für die fränkische Landschaft prägendes Charakteristikum sind die Bildstöcke und Fassadenfiguren, mit denen man den persönlichen Lebensweg unter den Segen Gottes stellen wollte. Ebenso typisch fränkisch sind die Wallfahrtsstangen, die bei Prozessionen mitgetragen wurden und auch noch werden, sowie Gnaden- und Votivbilder, die vom wundersamen Wirken Gottes und Gebetserhörung erzählen.
Einzigartiger Lettner
Die ehemalige Konventkirche, seit jeher Herzstück der Anlage, ist schließlich der Gipfelpunkt des Rundgangs: Hier wird dem Besucher klar vor Augen geführt, wie das Bild im christlichen Glaubensalltag zur visuellen Verkündigung eingesetzt wurde, denn die Ausstellungsstücke sind hier ja noch in ihren ursprünglichen Wirkungsort eingebunden. Zudem gilt die bestens erhaltene Klosterkirche als überregional bedeutendes Zeugnis kartusianischer Architektur – besitzt sie doch neben dem ursprünglichen Chorgestühl und dem nachgotischen Netzgewölbe mit herrlicher Ausmalung den bistumsweit einzigen und in seiner filigranen Ausführung einzigartigen Lettner, der die Kirche traditionsgemäß in Mönchs- und Laienchor unterteilte.
Tipps und Fakten
Gottesdienste: Die Klosterkirche wird heute nur noch bei besonderen Anlässen genutzt. Darüber hinaus finden kulturelle Veranstaltungen statt.
Öffnungszeiten: Von 1. März bis 31. Oktober jeweils Freitag bis Sonntag sowie an Feiertagen von 14 bis 17 Uhr. Von 1. November bis 28. Februar an Sonn- und Feiertagen von 14 bis 17 Uhr. Gruppen-Führungen (auch außerhalb der Öffnungszeiten) nach Vereinbarung beim Kunstreferat der Diözese Würzburg. Telefon
0931/386 65-600; Fax 09 31/
3 86 65-6 09; E-Mail: „museen
@bistum-wuerzburg.de“; Internet: „www.museen.bistum-
wuerzburg.de“.
Adresse: Museum Kartause Astheim, Kartäuserstraße 16, 97332 Astheim.
Der besondere Tipp: „Lange Museumsnacht“ am 17. September: Festgottesdienst um 18 Uhr, anschließend drei Führungen zu den Themen „Klosterarbeiten“, „Klosterkirche“ und „Patronate“. Daneben gibt es zwei Konzerte und Bewirtung. Der Eintritt ist frei, Ende offen.