Zuletzt war viel davon zu hören und zu lesen, wie sehr die Corona-Pandemie jungen Menschen einen Strich durch ihre Pläne gemacht hat. Auslandsreise nach dem Schulabschluss? Fehlanzeige! Ausgelassene Partys mit Freunden im Studium? Vorerst gestrichen! Stattdessen stand Solidarität mit den Älteren auf dem Plan. Das Virus hat der Jugend leider ein Stück von dem genommen, was Jungsein bedeutet. Und auch den Übrigen auf gewisse Weise Lebenszeit gestohlen, die anders geplant war.
Corona hat diejenigen Generationen, die ohne größere materielle Entbehrungen aufwachsen durften – und das sind ja nicht nur die jungen –, eindrücklich daran erinnert: Es gibt keinen Anspruch auf schöne Dinge, die einem vermeintlich zustehen. Nicht jede Generation hat es automatisch besser als die vorhergehende. Höher, schneller, weiter gilt manchmal schlicht und ergreifend nicht. Die Corona-Pandemie hat Grenzen aufgezeigt, hat klar gemacht: Es gibt im Leben letztlich keinen Anspruch auf Glück und gute Zeiten; so sehr man sich das auch wünschen mag.
Vor allem die ganz Alten wissen das noch. Ihre Jugend ist im Krieg verloren gegangen – vor 80 Jahren ließ Hitler die Wehrmacht in die Sowjetunion einmarschieren, später tobte die Schlacht um Stalingrad (heute: Wolgograd), eine menschengemachte Hölle. Viele der Soldaten im Zweiten Weltkrieg waren verdammt jung, Deutsche und Alliierte. Viele, die von den Nazis verfolgt wurden, ebenfalls; Anne Frank oder Sophie
und Hans Scholl zum Beispiel. Viele lebten ihr Leben im Krieg irgendwie weiter, verdunkelten Fenster, warteten angsterfüllt auf Nachricht vom Vater oder Bruder an der Front und harrten am Ende in Luftschutzkellern aus, während draußen Bomben explodierten und Gewehrsalven ertönten. Lange her. Eine andere Art von Verlust.
Anna-Lena Herbert