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Die Säkularisation und ihre Folgen –
eine Ausstellung im Kartäusermuseum Tückelhausen
Das Janusgesicht
Zweihundert Jahre sind vergangen, seit die Säkularisation Deutschland veränderte. Vier Erzbistümer, 18 Bistümer und etwa 300 Stifte, Klöster und Abteien wurden im Zuge dieser Umwandlung von geistlichem in weltliches Territorium säkularisiert, und auch in Franken fiel ihr vieles zum Opfer. „Für Tückelhausen hat dieser gravierende Vorgang jedoch ein Janusgesicht“, meint Tückelhausens Pfarrer Klaus Oehrlein: „Zum einen natürlich die negative Seite mit der Zerstörung einer rund 1000-jährigen Klostertradition; zum anderen entstanden aber erst so Dorf und Pfarrei Tückelhausen, die es beide vorher nicht gab.“
Die Sonderausstellung „Vom Kloster zu Dorf und Pfarrei“, die der Pfarrer zusammen mit Mitarbeitern aus seiner Gemeinde konzipiert hat, will ein Stück Ortsgeschichte wieder aufleben lassen und zugleich das deutschlandweite Phänomen Säkularisation am Beispiel Tückelhausen demonstrieren. Dazu hat das Team in mühevoller Kleinarbeit Objekte und Archivalien zusammengesucht, die diese Zeit dokumentieren und illustrieren. Neben privaten Leihgaben und Schriftdokumenten aus dem Pfarrarchiv sind auch Exponate aus dem offiziellen Würzburg – Mainfränkisches Museum, Diözesanarchiv, Bayerisches Staatsarchiv, Universitätsbibliothek – zu sehen.
Was aus heutiger Sicht ungeheuerlich erscheint, hielt die höhere Politik vor 200 Jahren für absolut gerecht. So wurde am 25. Februar 1803 in Regensburg per Reichsdeputations-Hauptschluss verfügt, alle Klöster im Heiligen Römischen Reich aufzuheben und ihren gesamten Besitz einzuziehen. Mit dem Erlös wurden weltliche Fürsten, die linksrheinische Gebiete an Frankreich abtreten mussten, entschädigt. In Tückelhausen hatte sich dieser folgenschwere Beschluss bereits durch deutliche Vorboten angekündigt: Seit 1802 durften die Mönche keine Novizen mehr aufnehmen, ein staatlicher Beamter wurde als vorauseilende Besatzung in die Kartause geschickt, und der Ausverkauf begann. Den letzten Prior von Tückelhausen, Bruno Esser, traf gar genau einen Tag nach Ratifizierung des Gesetzes der Schlag.
Zum Schicksalstag für das Kloster wurde der 8. Juli 1803: Um zwei Uhr Mittags unterbrach ein kurfürstlicher Kommissar das Chorgebet der Mönche zum Kiliansfest und verkündete das Aufhebungsdekret. In der Folge wurden Klostergebäude, Grundbesitz, Vieh und Inventar versteigert. Viele der wertvollen Sakralgeräte wurden eingeschmolzen; der Erlös ging, ebenso wie das Altarbild von Oswald Onghers, an die Staatskasse in München. Von den 14 Mönchen blieben lediglich zwei in Tückelhausen: Die Patres Aloys Barth und Nikolaus Engel erwarben zwei benachbarte Zellenhäuschen und halfen in der Seelsorge der neu gegründeten Pfarrei.
Die positive Seite
Mit der gewaltsamen Aufhebung beginnt aber zugleich ein positives Kapitel Ortsgeschichte: So wurde auf den Trümmern der zerstörten Kartause am 3. Dezember 1804 die Pfarrei Tückelhausen errichtet. Zwar stand der neue Pfarrer bei Amtsantritt in einer leeren Kirche, die Lösung der Staatsregierung war aber so einfach wie haarsträubend: Man schickte kurzerhand Monstranz und Speisekelch aus dem ebenfalls aufgelösten Würzburger Karmelitenkloster nach Tückelhausen.
Das ist laut Pfarrer Oehrlein nur ein Beispiel für die damals häufige Fluktuation von Sakralgegenständen, die letztlich jedoch vieles vor der Zerstörung rettete. So sind in der Ausstellung verschiedenste Kelche und Monstranzen zu sehen, die oft erstaunliche Irrwege hinter sich haben. Einen weiteren Schwerpunkt bilden Porträts von Menschen, deren Schicksal eng mit Tückelhausen verwoben ist: So hängt das Bildnis des vorletzten Priors Stefan Wolff jetzt wieder im Kapitelsaal, wo dieser am 13. Juli 1791 nach einer Predigt an seine Novizen starb. Geschaffen wurde das Porträt vom Ochsenfurter Johann Christoph Fesel, dem letzten fürstbischöflichen Kabinettmaler, der später als Kunstschätzer in bayerische Dienste trat. Ebenso in Porträts vertreten ist die Gutsbesitzerfamilie Gätschenberger, die säkularisierte Güter aufkaufte und Tückelhausen zu beträchtlichem landwirtschaftlichen Fortschritt verhalf, indem sie Raps und Klee einführte, eine Zuckerfabrik und eine Ölmühle errichtete.
Aus dem Bereich der mitunter kuriosen Schriftstücke finden sich neben dem originalen Aufhebungsbeschluss handschriftliche Notizen des ersten Pfarrers und ein 19-strophiges Gedicht, in dem sich damals Volkes Zorn Luft machte. Oehrlein ist es außerdem gelungen, die Bestände der alten Klosterbibliothek teilweise zu rekonstruieren. So gibt eine Liste eines Staatsbibliothekars Auskunft über die wertvollsten Bände. Im Nekrologium (Totengedenkbuch) schließlich hat ein gewissenhafter Ordensmann unter dem Eintrag vom Tod des letzten Priors auch die Todesdaten seiner Mitbrüder subsumiert. Oehrlein: „So ist die gewaltsam zerstörte Klostergemeinschaft zumindest im Tod wieder vereint.“
Die Ausstellung „Vom Kloster zu Dorf und Pfarrei“ im Kartäusermuseum Tückelhausen ist bis 2. November zu sehen: samstags und sonntags 14–17 Uhr; Eintritt 2 €, Gruppen 1,50 €. Führung auf Anfrage, Tel. 09331/20406.
Die Sonderausstellung „Vom Kloster zu Dorf und Pfarrei“, die der Pfarrer zusammen mit Mitarbeitern aus seiner Gemeinde konzipiert hat, will ein Stück Ortsgeschichte wieder aufleben lassen und zugleich das deutschlandweite Phänomen Säkularisation am Beispiel Tückelhausen demonstrieren. Dazu hat das Team in mühevoller Kleinarbeit Objekte und Archivalien zusammengesucht, die diese Zeit dokumentieren und illustrieren. Neben privaten Leihgaben und Schriftdokumenten aus dem Pfarrarchiv sind auch Exponate aus dem offiziellen Würzburg – Mainfränkisches Museum, Diözesanarchiv, Bayerisches Staatsarchiv, Universitätsbibliothek – zu sehen.
Was aus heutiger Sicht ungeheuerlich erscheint, hielt die höhere Politik vor 200 Jahren für absolut gerecht. So wurde am 25. Februar 1803 in Regensburg per Reichsdeputations-Hauptschluss verfügt, alle Klöster im Heiligen Römischen Reich aufzuheben und ihren gesamten Besitz einzuziehen. Mit dem Erlös wurden weltliche Fürsten, die linksrheinische Gebiete an Frankreich abtreten mussten, entschädigt. In Tückelhausen hatte sich dieser folgenschwere Beschluss bereits durch deutliche Vorboten angekündigt: Seit 1802 durften die Mönche keine Novizen mehr aufnehmen, ein staatlicher Beamter wurde als vorauseilende Besatzung in die Kartause geschickt, und der Ausverkauf begann. Den letzten Prior von Tückelhausen, Bruno Esser, traf gar genau einen Tag nach Ratifizierung des Gesetzes der Schlag.
Zum Schicksalstag für das Kloster wurde der 8. Juli 1803: Um zwei Uhr Mittags unterbrach ein kurfürstlicher Kommissar das Chorgebet der Mönche zum Kiliansfest und verkündete das Aufhebungsdekret. In der Folge wurden Klostergebäude, Grundbesitz, Vieh und Inventar versteigert. Viele der wertvollen Sakralgeräte wurden eingeschmolzen; der Erlös ging, ebenso wie das Altarbild von Oswald Onghers, an die Staatskasse in München. Von den 14 Mönchen blieben lediglich zwei in Tückelhausen: Die Patres Aloys Barth und Nikolaus Engel erwarben zwei benachbarte Zellenhäuschen und halfen in der Seelsorge der neu gegründeten Pfarrei.
Die positive Seite
Mit der gewaltsamen Aufhebung beginnt aber zugleich ein positives Kapitel Ortsgeschichte: So wurde auf den Trümmern der zerstörten Kartause am 3. Dezember 1804 die Pfarrei Tückelhausen errichtet. Zwar stand der neue Pfarrer bei Amtsantritt in einer leeren Kirche, die Lösung der Staatsregierung war aber so einfach wie haarsträubend: Man schickte kurzerhand Monstranz und Speisekelch aus dem ebenfalls aufgelösten Würzburger Karmelitenkloster nach Tückelhausen.
Das ist laut Pfarrer Oehrlein nur ein Beispiel für die damals häufige Fluktuation von Sakralgegenständen, die letztlich jedoch vieles vor der Zerstörung rettete. So sind in der Ausstellung verschiedenste Kelche und Monstranzen zu sehen, die oft erstaunliche Irrwege hinter sich haben. Einen weiteren Schwerpunkt bilden Porträts von Menschen, deren Schicksal eng mit Tückelhausen verwoben ist: So hängt das Bildnis des vorletzten Priors Stefan Wolff jetzt wieder im Kapitelsaal, wo dieser am 13. Juli 1791 nach einer Predigt an seine Novizen starb. Geschaffen wurde das Porträt vom Ochsenfurter Johann Christoph Fesel, dem letzten fürstbischöflichen Kabinettmaler, der später als Kunstschätzer in bayerische Dienste trat. Ebenso in Porträts vertreten ist die Gutsbesitzerfamilie Gätschenberger, die säkularisierte Güter aufkaufte und Tückelhausen zu beträchtlichem landwirtschaftlichen Fortschritt verhalf, indem sie Raps und Klee einführte, eine Zuckerfabrik und eine Ölmühle errichtete.
Aus dem Bereich der mitunter kuriosen Schriftstücke finden sich neben dem originalen Aufhebungsbeschluss handschriftliche Notizen des ersten Pfarrers und ein 19-strophiges Gedicht, in dem sich damals Volkes Zorn Luft machte. Oehrlein ist es außerdem gelungen, die Bestände der alten Klosterbibliothek teilweise zu rekonstruieren. So gibt eine Liste eines Staatsbibliothekars Auskunft über die wertvollsten Bände. Im Nekrologium (Totengedenkbuch) schließlich hat ein gewissenhafter Ordensmann unter dem Eintrag vom Tod des letzten Priors auch die Todesdaten seiner Mitbrüder subsumiert. Oehrlein: „So ist die gewaltsam zerstörte Klostergemeinschaft zumindest im Tod wieder vereint.“
Die Ausstellung „Vom Kloster zu Dorf und Pfarrei“ im Kartäusermuseum Tückelhausen ist bis 2. November zu sehen: samstags und sonntags 14–17 Uhr; Eintritt 2 €, Gruppen 1,50 €. Führung auf Anfrage, Tel. 09331/20406.