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    Das ist eine humanitäre Tragödie

    Es sind keine schönen Bilder, die Dr. Yasin Al-Qubati, der medizinische Berater der Deutschen Lepra- und Tuber­kulosehilfe (DAHW), im Jemen auf seinem Smart­­phone gespeichert hat. Ein totes Kind oder ein menschlicher Leichnam, der im Staub verrottet.

    Der Mediziner, ein rüstiger Mittsechziger, hat schon viele solcher Leichen gesehen. Für den Hautarzt und Experten in Männerheilkunde scheinen sie zum Alltag zu gehören. Al-Qubati ist traurig und wütend zugleich über das, was der Bürgerkrieg aus seinem ölreichen Heimatland im Süden der Arabischen Halbinsel gemacht hat. „Jeder muss dem Recht gehorchen“, sagt er bestimmt. Das ist im Jemen nicht der Fall.

    Dabei hatte vor einigen Jahren Hoffnung gekeimt: 2011, als der kurzlebige „Arabische Frühling“ begann, schien sich die Situation in der 1990 vereinigten Republik Jemen zu bessern. Am Systemwechsel hatte sich auch Al-Qubati beteiligt. Aber seine Hoffnungen wurden gründlich enttäuscht. Seit 2013 erschüttert Bürgerkrieg das Land. Schiitische Huthi-Rebellen, Anhänger des ehemaligen Präsidenten Ali Abdullah Salih, südjemenitischen Separatisten, Al-Qaida-Kämpfer und Truppen von Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi und Regierungschef Chalid Mahfuz Bahah stehen sich gegenüber.

    Enttäuscht ist Al-Qubati auch darüber, dass der jemenitische „Diktator“, wie der Mediziner den Präsidenten nennt, vom Ausland unterstützt werde. 2015 intervenierte Saudi-Arabien im vom Bürgerkrieg gezeichneten südlichen Nachbarland Jemen.

    Jeder Tag zählt

    Auch Al-Qubatis Heimatstadt Taiz im Südwesten des Jemen ist vom Bürgerkrieg betroffen: Die Großstadt mit etwa 400000 Einwohnern wird seit zwei Jahren belagert. Bisher wurden rund 17000 Menschen verletzt. Um die Gesundheit der Bevölkerung kümmern sich 50 Allgemeinärzte und ein Gefäßchirurg. Nur zwei Krankenhäuser seien noch in Betrieb, berichtet Al-Qubati.

    Auf die Frage, wie es den Menschen in Taiz gehe, antwortet der Arzt: „Jeder Tag ist wie ein neues Leben.“ Lebensmittel seien teuer, und die Korruption sei allgegenwärtig. Ebenso omnipräsent sei die Gewalt. Ziele seien nicht nur die unzureichend gesicherten Häuser, sondern auch seine Klinik.

    Al-Qubati selbst ist 2013 Opfer eines Messerattentats geworden. Scheinbar emotionslos berichtet der Arzt von einem ehemaligen Patienten, der keine Kinder zeugen konnte – in einem arabischen Land eine Schande. Anhänger des Präsidenten hätten den Verzweifelten überzeugt, dass der behandelnde Arzt schuld an seiner Zeugungsunfähigkeit sei, so Al-Qubati. Noch heute ist der Schnitt auf der Stirn des Mediziners zu sehen. Glück im Unglück: Die Augen blieben unverletzt.

    Nach Notoperation und Nachbehandlung in Deutschland kehrte Al-Qubati in sein Heimatland zurück – und wurde dort 2015 von schiitischen Huthi-Rebellen entführt. Im Jemen ist er nach seiner Freilassung trotz des Erlebten geblieben. „Ich möchte in meinem Land bei meinen Leuten sein“, sagt er.

    Und Al-Qubati will weiter helfen. Was sich derzeit im Süden der arabischen Halbinsel abspielt, bringt er folgendermaßen auf den Punkt: „Das ist eine humanitäre Tragödie.“ Da er nicht in seine Heimatstadt zurückkehren kann, koordiniert der Arzt seine Arbeit von der Hafenstadt Aden aus.

    Hoffnung

    Er findet Wege, das Unglück vor Ort wenigstens etwas zu verringern. Er unterstützt nicht nur das Lepra-Nationalprogramm, sondern sorgt auch dafür, dass Lastwagen lebensnotwendiges Wasser in großen Tanks in abgelegene Gebiete transportieren. Unterstützt wird er dabei neben der DAHW vom Bündnis Entwicklung Hilft (BEH).

    Man merkt dem dynamischen Arzt die große seelische Anspannung an. „Eine Lösung des Problems mit Krieg ist schwierig. Eine Lösung des Problems auf dem Verhandlungsweg ist noch schwieriger“, bemerkt er skeptisch. Aber Al-Qubati macht weiter: „Man muss immer Hoffnung haben“, sagt er. Sein Smart-phone mit den schrecklichen Bildern liegt vor ihm auf dem Tisch.

    Stefan W. Römmelt