Die Depression fesselt einen Mann wochenlang an seine Wohnung. Er nimmt kaum noch Nahrung zu sich, Briefe bleiben verschlossen und Rechnungen unbezahlt. Sein Nachbar will irgendwann nicht mehr zuschauen. Er fasst sich ein Herz, bringt den Kranken zum Arzt und vereinbart einen Termin beim Caritas-Fachdienst Allgemeine Sozialberatung. Das dortige Team kann einen Absturz des depressiven Mannes in die Verschuldung verhindern. Langsam fasst er wieder Hoffnung, dank seines Nachbarn und der Caritas.
Geschichten weitergeben
Dies ist eine von Dutzenden Hoffnungsgeschichten und -impulsen, die Menschen aus dem Bistum Würzburg bisher schon aufgeschrieben und mit anderen geteilt haben. Anlass ist das Heilige Jahr 2025. Alle Gläubigen sind dazu aufgerufen, sich als „Pilger der Hoffnung“ einzubringen. Zum Beispiel, indem sie dem Bistum persönliche Hoffnungsgeschichten mitteilen.
„Manche Geschichten sind anonym. Aber viele sagen ihre Namen dazu. Doch wir erwarten das nicht“, erläutert Christiane Holtmann, Referentin für Sozialpastoral im Diözesan-Caritasverband. Hoffnungsgeschichten sammelt sie gemeinsam mit Judith Wünn, der Diözesanvorsitzenden des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). Beide Frauen gehören dem Koordinationsteam an, das die Angebote des Bistums Würzburg zum Heiligen Jahr organisiert. Für soziale Initiativen und caritatives Handeln sind Holtmann und Wünn mit zwei weiteren Caritas-Mitarbeiterinnen im Team die Expertinnen.
Beim Diözesanempfang am 20. Januar in Würzburg haben diese vier gezielt Teilnehmende angesprochen und Handzettel verteilt. Zum Teil schrieben die Leute gleich ihre Hoffnungsimpulse auf Zettel und hefteten sie an eine Stellwand. Andere Geschichten gingen per Mail ein, zum Beispiel aus dem Mitarbeiterkreis von Beratungsstellen. Inhaltlich fallen manche Rückmeldungen sehr persönlich aus. Es geht um Krankheitsdiagnosen, Gewalt in der Familie oder Ausgrenzungserfahrungen – und wie Menschen solche Lasten bewältigen. „Wir bitten darum, all das zu teilen, weil es anderen Hoffnung geben kann“, unterstreicht Holtmann.
Zugleich soll das Heilige Jahr ein Anstoß sein für sozial-caritative Projekte. Beispielhaft nennt Judith Wünn die bundesweite 72-Stunden-Aktion, die der BDKJ zuletzt 2024 veranstaltete. Mehr als 2000 Kinder und Jugendliche arbeiteten drei Tage lang zum Wohl der Allgemeinheit. Sie erneuerten Parkbänke, pflanzten Bäume, bauten Insektenhotels und legten Barfußpfade an. Sie sorgten außerdem für Begegnungen von Menschen aus unterschiedlichen Generationen und Herkunftsländern.
Mit Laptops bei Senioren
„Bei der 72-Stunden-Aktion haben sich Kinder und Jugendliche drei Tage lang für andere eingesetzt. Nun wollen wir andere ermutigen, sich ebenfalls einzusetzen“, bemerkt Wünn mit Blick auf das Heilige Jahr. Sie und Holtmann haben bereits Projektideen zusammengetragen. Zum Beispiel könnten Firmlinge mit Laptops Bewohnerinnen und Bewohner von Seniorenheimen besuchen, schlagen beide vor. Eine solche Aktion habe es bereits in Kitzingen gegeben. Am Computer könnten die Heranwachsenden den Senioren Orte zeigen, wo diese in der Vergangenheit gelebt haben. Dank technischer Unterstützung werden so Erinnerungen wieder wach. Außerdem fördern solche Aktionen das Miteinander der Generationen. „Man kann sich im Heiligen Jahr selbst einbringen, und sei es nur für ein paar Stunden“, hebt Wünn hervor. Wer Ideen für Projekte sucht oder mitteilen will, kann die Webseite nutzen, die auch die Hoffnungsgeschichten verbreitet: pilgerderhoffnung.bistum-wuerzburg.de.
Ein Zeichen für mehr sozial-caritatives Engagement im Heiligen Jahr wird in Kürze BischofDr. Franz Jung setzen. Seit Jahren ist es üblich, dass katholische Einrichtungen der Jugendhilfe rund um den Josefstag am 19. März Verantwortungsträger aus Politik, Kirche und Gesellschaft einladen und ihre Betreuungsarbeit vorstellen.
Startpunkt mit dem Bischof
Der Bischof wird am 20. März die Von-Pelkhoven-Schule in Wipfeld besuchen. Diese gehört zum Antonia-Werr-Zentrum der Oberzeller Franziskanerinnen und begleitet Schülerinnen mit Förderbedarf von der fünften bis zur neunten Klasse zum Qualifizierenden Mittelschulabschluss. Beim regelmäßig stattfindenden Schulaktionstag geht es am 20. März um die Rechte von Mädchen und Frauen. Die Lehrkräfte planen die Workshops, an denen sich Bischof Jung beteiligen wird. „Das ist eine Art Startpunkt“, erklärt Holtmann. „Wir wünschen uns, dass in den Pfarreien Ministrantinnen und Ministranten, Pfarrgemeinderat, Gemeindeteam und andere Gruppierungen das Heilige Jahr zum Anlass nehmen, bewusst etwas Soziales zu unternehmen.“ Dabei komme es nicht auf den zeitlichen oder personellen Umfang einer Aktion an, ergänzt Wünn. „Die Initiative zählt, nicht ihre Größe.“
In einer Hoffnungsgeschichte der Telefonseelsorge Würzburg heißt es, ein Gespräch könne die Tür zum Leben offenhalten. Eine 16-Jährige habe sich in einer Krise von der Telefonseelsorge helfen lassen. Später, als ihre Kinder groß waren, arbeitete sie selbst ehrenamtlich mit, damit andere diese Hilfe auch bekommen. Holtmann und Wünn hoffen darauf, dass das Heilige Jahr ähnliche Beispiele hervorbringt.
Ulrich Bausewein