Greta Thunberg und die auf ihr Auftreten zurückgehenden freitäglichen Schüler-Demos haben das Thema „Bewahrung der Schöpfung“ ganz nach oben in der öffentlichen Aufmerksamkeit katapultiert. Und sie haben kontroverse Debatten ausgelöst – auch hier im Sonntagsblatt. Angesichts regelmäßiger Umweltgipfel mit Absichtserklärungen, die in weiten Teilen ebenso regelmäßig auch in diesem Stadium verblieben sind, angesichts verbindlich vereinbarter, dann aber verfehlter oder aufgeweichter Zielvorgaben, sind Ungeduld und anklagender Tonfall der überwiegend jungen Demonstranten verständlich.
So entscheidend dieses Setzen auf Emotionen auch war, um Öffentlichkeitswirkung zu erzielen und etwas in Bewegung zu setzen – was ja auch gelungen ist –, so gefährlich könnte es sich auswirken, wenn es nur dabei bleibt. Dann besteht die Gefahr, dass der Blick für die Realitäten und für das Machbare verloren geht und die Ideologie die Oberhand gewinnt. Aber nicht verhärtete Fronten und Schuldzuweisungen dürfen das Ziel sein, sondern das gemeinsame Ringen um bestmögliche Lösungen. Demokratisch legitimierte Politik ist nun einmal die Kunst des Kompromisses, nicht die der schnell verordneten Lösungen. Wer sich – und mögen die Motive noch so edel sein – über demokratische Meinungsbildung einfach hinwegsetzt, gefährdet die Demokratie, spielt Despoten und Vereinfachern in die Hände und setzt vor allem auch den Zusammenhalt in der Gesellschaft aufs Spiel. Es wird jetzt also darauf ankommen, ob das Thema Klimaschutz oder besser: „Bewahrung der Schöpfung“ zum gesamtgesellschaftlichen Anliegen wird oder die Gesellschaft weiter spaltet. Weniger Emotion und stattdessen mehr Kommunikation und Sachdiskussion wären da hilfreich. Und nicht zuletzt das gelebte Beispiel: Nicht nur über große Schritte reden, sondern den einen oder anderen kleinen Schritt, der jedem möglich ist, selber tun. Nicht nur auf andere zeigen und Forderungen an sie stellen, sondern selbst handeln. Das gute Beispiel zählt nach wie vor zu den wirksamsten Methoden der Bewusstseinsbildung.
Wolfgang Bullin