Immerhin ist sie inzwischen stärkste Oppositionsfraktion im Bundestag und in allen Länderparlamenten vertreten. Verunsicherung und Hilflosigkeit, die sich in kirchlichen Kreisen im Umgang mit der AfD zeigen, hatte eine Tagung aufgegriffen, über die wir in unserer Printausgabe berichten.
Ein Patentrezept hat sie allerdings auch nicht geliefert, weil es ein solches wohl nicht gibt. Ignorieren oder Stigmatisieren haben sich als Irrweg erwiesen. Diese anstelle der inhaltlichen Auseinandersetzung praktizierte Taktik der etablierten Parteien hat im Gegenteil eher noch zum Aufschwung der AfD beigetragen, hat ihr zumindest immer wieder die Gelegenheit geboten, in die Opferrolle zu schlüpfen.
Nicht leichter wird es dadurch, dass auch kirchlich gebundene Menschen mit der AfD sympathisieren, etwa weil die ein klassisches Familienbild vertritt, gegen Abtreibung ist und den Anspruch hat, das „christliche Abendland“ vor Bedrohungen zu bewahren. Da könne man das eine oder andere im Programm, das man weniger gut finde, schon in Kauf nehmen, meinen sie.
Mich erinnert das an Sätze, die ich als Kind und Jugendlicher gelegentlich noch von Erwachsenen gehört habe: Beim Hitler sei ja schließlich nicht alles schlecht gewesen, hieß es da; zumindest habe er für Beschäftigung gesorgt, es habe Ordnung geherrscht und man habe sich als Frau nachts auf die Straße trauen können ... Solch selektive Wahrnehmung ist gefährlich. Für eine gewissenhafte Entscheidung muss ich immer das Gesamtpaket in den Blick nehmen. Und wenn zu dessen Grundbestand Positionen zählen, die mit dem christlichen Menschenbild unvereinbar sind, wie etwa völkisches, rassistisches Denken, das andere wegen ihrer Herkunft oder Religion abwertet, muss ich klare Kante zeigen.
Wolfgang Bullin