Als Kind erlebte Georg Kirchner die Schrecken des Zweiten Weltkriegs: Sein Vater starb als Soldat in der Ukraine. Seine älteren Brüder Julian und Gottlieb wurden 1944 als Jugendliche zum Kriegsdienst eingezogen, kamen in Gefangenschaft und erst 1946 wieder nach Hause. Als jüngster Sohn des Küsters wurde Georg Kirchner schon in seiner Ministrantenzeit dessen Nachfolger in der Sakristei. Dafür ausgebildet wurde er von der Ordensschwester Bettina und unterstützt von seinem Onkel Hermann Kirchner, der ihm zum Beispiel die körperlich schwere Aufgabe abnahm, den an einem langen Stab hängenden Klingelbeutel durch die Reihen zu führen.
Berufsausbildung einst undenkbar
Unter Pfarrer Hein war in den Nachkriegsjahren für Georg Kirchner nicht an eine anderweitige Berufsausbildung zu denken, auch nicht als die beiden Brüder wieder heimgekehrt waren, denn der Pfarrer wollte alle drei immer als Küster um sich wissen. Erst Pfarrer Fischer erlaubte dem schon 28-jährigen Schorsch die Aufnahme von Erwerbsarbeit am Bau und später in der Fabrik. Seine Worte sind Kirchner heute noch im Ohr: „Ich komm schon zurecht! Kannst ruhig fort und arbeiten!“
Wallfahrer verpflegt
1965 heiratete Georg Kirchner seine Jugendliebe Helga Grom aus Wollbach, auf die er schon lange ein Auge geworfen hatte. Seine Frau Helga war schnell in die kirchlichen Dienste der Küsterfamilie eingebunden: Kirchenschmuck, Wäsche der Altardecken und Alben, Pfarrbüchereidienst, Kirchenputz ... und natürlich einmal im Jahr die Unterbringung und Verpflegung von bis zu 15 Würzburg-Wallfahrern im Haus. Diese Tradition führt noch heute seine Tochter mit ihrem Mann fort.
Gefragt nach besonderen Highlights seiner Küstertätigkeit kommt Kirchner auf das jährliche „Arme-Seelen-Fest“ zu sprechen, das in den Nachkriegsjahrzehnten fast unvorstellbare Ausmaße genommen hatte: Schon am Tag zuvor mussten die Kirchners die im Kirchturm gelagerten Beichtstühle herunterschaffen und innerhalb der Kirchenmauern aufbauen. Das Fest begann schon um 5 Uhr früh mit den „Stillen Messen“ der 14 Beichtpriester, die zu diesem Fest nach Burkardroth kamen, um vielen Hunderten von Gläubigen aus der Umgebung die Gelegenheit zur Beichte zu geben. Kirchner erinnert sich noch gut daran, dass am Abend alle Helfer des Pfarrers ins Bischofszimmer des Pfarrhauses kommen durften, um den Tag mit einem reichhaltigen Abendessen zu beschließen.
Engagement gewürdigt
Eine Überraschung der besonderen Art bei seiner Verabschiedung war für Kirchner der Gastzelebrant der Heiligen Messe: Franziskanerpater Maximilian Bauer, der Präses der Bruderschaft zum Hl. Kreuz, die die Würzburger Kreuzbergwallfahrt verantwortet, hatte sich auf Anfrage der Pfarrei sehr gern bereit erklärt, zu Ehren des Küsters von Burkardroth in die Vorrhön zu kommen.
Sowohl Pater Maximilian in seiner Predigt als auch Dekan Hartmann in seiner Ansprache würdigten den Dienst von Kirchner über fast acht Jahrzehnte. So sagte Hartmann: „Schorsch war da, damit die Menschen auf ihrem Lebensweg immer wieder das ,Dabei-sein Gottes‘ feiern konnten, von der Taufe bis zum Requiem, und so hat er auch Anteil genommen am Leben so vieler Menschen hier in Burkardroth“.
Walter Kuhn