Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt erfahren Sie im Sonntagblatt.
Betrachtung zum Sonntagsevangelium von Thomas Amrehn, Schonungen
Das Einmaleins der Liebe
Evangelium
In jener Zeit kamen alle Zöllner und Sünder zu Jesus, um ihn zu hören. Die Pharisäer und die Schriftgelehrten empörten sich darüber und sagten: Er gibt sich mit Sündern ab und isst sogar mit ihnen. Da erzählte er ihnen ein Gleichnis und sagte: Wenn einer von euch hundert Schafe hat und eins davon verliert, lässt er dann nicht die neunundneunzig in der Steppe zurück und geht dem verlorenen nach, bis er es findet? Und wenn er es gefunden hat, nimmt er es voll Freude auf die Schultern, und wenn er nach Hause kommt, ruft er seine Freunde und Nachbarn zusammen und sagt zu ihnen: Freut euch mit mir; ich habe mein Schaf wiedergefunden, das verloren war. Ich sage euch: Ebenso wird auch im Himmel mehr Freude herrschen über einen einzigen Sünder, der umkehrt, als über neunundneunzig Gerechte, die es nicht nötig haben umzukehren. Oder wenn eine Frau zehn Drachmen hat und eine davon verliert, zündet sie dann nicht eine Lampe an, fegt das ganze Haus und sucht unermüdlich, bis sie das Geldstück findet? Und wenn sie es gefunden hat, ruft sie ihre Freundinnen und Nachbarinnen zusammen und sagt: Freut euch mit mir; ich habe die Drachme wiedergefunden, die ich verloren hatte. Ich sage euch: Ebenso herrscht auch bei den Engeln Gottes Freude über einen einzigen Sünder, der umkehrt.
Lukas 15,1–10
Ene mene miste, es rappelt in der Kiste, ene mene meck und du bist weg. So haben wir auf der Straße beim Spielen abgezählt, um festzustellen, wer Sieger wird und sich eine Mannschaft wählen darf. Wen das Los traf, der war ausgeschieden, musste zurücktreten und warten, war zum Nichtstun verurteilt, schließlich war er ja „weg“. Das Spiel ging weiter ohne ihn. Schon damals empfand ich das oft als ungerecht und die Reaktionen der „Abgezählten“ reichten von Vorwürfen an die Mitschüler bis hin zu Tränen.
Die Pharisäer und Schriftgelehrten zählen ebenfalls ab. Zu Gottes Mitspielern gehören in ihrem Dafürhalten auf keinen Fall Zöllner und Sünder. Auf diese Gruppen haben sie sich einen eigenen Reim gemacht. Sie stehen jetzt außerhalb der Gemeinschaft und niemand soll mit ihnen zu tun haben.
Jesus wiederum empfindet das als ungerecht und mit seiner Hinwendung zu den Ausgeschiedenen bricht er alle Spielregeln. Warum sollen diese Menschen zur Untätigkeit verurteilt sein? Sind sie in ihrer durchlittenen Schuld und ihrer Sehnsucht nach Versöhnung nicht wertvoll? Und darf man alle über einen Kamm scheren? Wenn er Zöllner und Sünder ins Reich Gottes einlädt, dann zählt er ganz anders ab. Er beginnt mit dem kleinen Einmaleins der Liebe. Seine Summe sind nicht die 99 Zurückbleibenden, sondern der eine, der verloren ist. Das ist eine beschwerliche Rechnung. Wenn ich losgehe, um den einen zu suchen könnte ich mich selbst verlaufen oder mich verletzen. Es wäre sicherer beim großen Haufen zu bleiben. Doch all die Einwände zählen für ihn nicht. Unermüdlich kehrt die suchende Frau ihr Haus, so lange bis sie die Drachme gefunden hat. Alle andere Arbeit bleibt liegen.
Die Erzählung Jesu richtet sich bewusst an die religiösen Führer des Volkes und gilt damit allen in der christlichen Gemeinde, die grundsätzliche Bedenken an einer unkonventionellen Seelsorge an Menschen haben, die in irgendeiner Art und Weise schuldig geworden sind. Der Umgang mit den Menschen, auch und gerade mit denen, die am Rande stehen, muss Freude machen und darf nicht zum Zankapfel werden. „Freut euch mit mir!“, ruft die erleichterte Hausfrau und steckt damit an. Alle Überlegungen, ob dieser Weg der richtige ist und wie viel Zeit und Mühe man noch investieren soll, sind mit einem Satz vom Tisch. Dieser ist jetzt frei für das Mahl (er isst sogar mit ihnen).
Was hätte eine solche christliche Grundhaltung verhindern können. Ich denke hier gerade an die Trennung der Kirchen des Westens und des Ostens. Als im Jahre 1054 der oströmische Kaiser ein Bündnis mit dem Papst schließen will, trachtet der Patriarch von Konstantinopel danach, dies zu verhindern. Er befürchtet, dass der Papst ihm in seine Kirche hineinredet. So hindert er die Katholiken seines Landes Gottesdienste zu feiern. Eine Gesandtschaft aus Rom unter der Leitung eines hohen Kardinales wird entsandt, die Gemeinschaft wieder herzustellen. Doch die Verhandlungsführung ist eine Katastrophe. Man macht sich nicht die Mühe, Gemeinsames zu suchen. Ausgerechnet auf den Altar der bedeutendsten Bischofskirche legt der Kardinal ein Schreiben, das die Gläubigen und ihre Hirten aus der Gemeinschaft der Kirche ausschließt. Gegenmaßnahmen bleiben nicht aus. Die Trennung ist besiegelt.
„Und du bist weg!“ wie schmerzhaft klingen diese Worte. Anders klingt die Freude in den Worten nach dem schmerzhaften Verlust: „Freut euch mit mir, ich habe wieder gefunden, was verloren war!“
Der Autor ist Pfarrer in Schonungen, Forst, Hausen und Mainberg.
In jener Zeit kamen alle Zöllner und Sünder zu Jesus, um ihn zu hören. Die Pharisäer und die Schriftgelehrten empörten sich darüber und sagten: Er gibt sich mit Sündern ab und isst sogar mit ihnen. Da erzählte er ihnen ein Gleichnis und sagte: Wenn einer von euch hundert Schafe hat und eins davon verliert, lässt er dann nicht die neunundneunzig in der Steppe zurück und geht dem verlorenen nach, bis er es findet? Und wenn er es gefunden hat, nimmt er es voll Freude auf die Schultern, und wenn er nach Hause kommt, ruft er seine Freunde und Nachbarn zusammen und sagt zu ihnen: Freut euch mit mir; ich habe mein Schaf wiedergefunden, das verloren war. Ich sage euch: Ebenso wird auch im Himmel mehr Freude herrschen über einen einzigen Sünder, der umkehrt, als über neunundneunzig Gerechte, die es nicht nötig haben umzukehren. Oder wenn eine Frau zehn Drachmen hat und eine davon verliert, zündet sie dann nicht eine Lampe an, fegt das ganze Haus und sucht unermüdlich, bis sie das Geldstück findet? Und wenn sie es gefunden hat, ruft sie ihre Freundinnen und Nachbarinnen zusammen und sagt: Freut euch mit mir; ich habe die Drachme wiedergefunden, die ich verloren hatte. Ich sage euch: Ebenso herrscht auch bei den Engeln Gottes Freude über einen einzigen Sünder, der umkehrt.
Lukas 15,1–10
Ene mene miste, es rappelt in der Kiste, ene mene meck und du bist weg. So haben wir auf der Straße beim Spielen abgezählt, um festzustellen, wer Sieger wird und sich eine Mannschaft wählen darf. Wen das Los traf, der war ausgeschieden, musste zurücktreten und warten, war zum Nichtstun verurteilt, schließlich war er ja „weg“. Das Spiel ging weiter ohne ihn. Schon damals empfand ich das oft als ungerecht und die Reaktionen der „Abgezählten“ reichten von Vorwürfen an die Mitschüler bis hin zu Tränen.
Die Pharisäer und Schriftgelehrten zählen ebenfalls ab. Zu Gottes Mitspielern gehören in ihrem Dafürhalten auf keinen Fall Zöllner und Sünder. Auf diese Gruppen haben sie sich einen eigenen Reim gemacht. Sie stehen jetzt außerhalb der Gemeinschaft und niemand soll mit ihnen zu tun haben.
Jesus wiederum empfindet das als ungerecht und mit seiner Hinwendung zu den Ausgeschiedenen bricht er alle Spielregeln. Warum sollen diese Menschen zur Untätigkeit verurteilt sein? Sind sie in ihrer durchlittenen Schuld und ihrer Sehnsucht nach Versöhnung nicht wertvoll? Und darf man alle über einen Kamm scheren? Wenn er Zöllner und Sünder ins Reich Gottes einlädt, dann zählt er ganz anders ab. Er beginnt mit dem kleinen Einmaleins der Liebe. Seine Summe sind nicht die 99 Zurückbleibenden, sondern der eine, der verloren ist. Das ist eine beschwerliche Rechnung. Wenn ich losgehe, um den einen zu suchen könnte ich mich selbst verlaufen oder mich verletzen. Es wäre sicherer beim großen Haufen zu bleiben. Doch all die Einwände zählen für ihn nicht. Unermüdlich kehrt die suchende Frau ihr Haus, so lange bis sie die Drachme gefunden hat. Alle andere Arbeit bleibt liegen.
Die Erzählung Jesu richtet sich bewusst an die religiösen Führer des Volkes und gilt damit allen in der christlichen Gemeinde, die grundsätzliche Bedenken an einer unkonventionellen Seelsorge an Menschen haben, die in irgendeiner Art und Weise schuldig geworden sind. Der Umgang mit den Menschen, auch und gerade mit denen, die am Rande stehen, muss Freude machen und darf nicht zum Zankapfel werden. „Freut euch mit mir!“, ruft die erleichterte Hausfrau und steckt damit an. Alle Überlegungen, ob dieser Weg der richtige ist und wie viel Zeit und Mühe man noch investieren soll, sind mit einem Satz vom Tisch. Dieser ist jetzt frei für das Mahl (er isst sogar mit ihnen).
Was hätte eine solche christliche Grundhaltung verhindern können. Ich denke hier gerade an die Trennung der Kirchen des Westens und des Ostens. Als im Jahre 1054 der oströmische Kaiser ein Bündnis mit dem Papst schließen will, trachtet der Patriarch von Konstantinopel danach, dies zu verhindern. Er befürchtet, dass der Papst ihm in seine Kirche hineinredet. So hindert er die Katholiken seines Landes Gottesdienste zu feiern. Eine Gesandtschaft aus Rom unter der Leitung eines hohen Kardinales wird entsandt, die Gemeinschaft wieder herzustellen. Doch die Verhandlungsführung ist eine Katastrophe. Man macht sich nicht die Mühe, Gemeinsames zu suchen. Ausgerechnet auf den Altar der bedeutendsten Bischofskirche legt der Kardinal ein Schreiben, das die Gläubigen und ihre Hirten aus der Gemeinschaft der Kirche ausschließt. Gegenmaßnahmen bleiben nicht aus. Die Trennung ist besiegelt.
„Und du bist weg!“ wie schmerzhaft klingen diese Worte. Anders klingt die Freude in den Worten nach dem schmerzhaften Verlust: „Freut euch mit mir, ich habe wieder gefunden, was verloren war!“
Der Autor ist Pfarrer in Schonungen, Forst, Hausen und Mainberg.