Zartes Bürschchen
Überhaupt waren sie nicht begeistert, als der 14-Jährige, nach der Volksschule in Kleinrinderfeld Steinmetz werden wollte. Wie er das denn bewerkstelligen wolle? Er sei doch „so ein zartes Bürschchen“: „Deshalb wurde mir geraten, Friseur oder Schneider zu werden.“ Doch Grimm setzte sich durch, er fand bei der Firma Carl Schilling in der Nachbargemeinde Kirchheim einen Ausbildungsplatz und durchlief eine zweijährige Lehre zum Steinmetz. Probleme gab es nicht, auch wenn er klein und schmächtig war. Im Gegenteil: Grimm gewann in der Folge sämtliche Lehrlingswettbewerbe bis hin zum Wettkampf auf Reichsebene. Auch da wurde er als Bester bewertet: „Doch noch bevor ich den Preis erhielt, kam ein SA-Mann in Uniform und teilte mit, dass jemand anderes den Preis bekommen sollte.“ Der fiel zwar hinsichtlich seines Talents gegenüber Grimm weit ab. Doch er gehörte der SS an. Um seine Berufschancen zu erhöhen, begab sich Grimm nach dem Krieg für eineinhalb Jahre in eine Bildhauerlehre. Zehn Jahre arbeitete er danach als angestellter Bildhauer. Nach der Meisterprüfung, die er 1958 bei Fried Heuler ablegte, entschied er sich, fortan in eigener Werkstatt tätig zu sein. Auch diese Entscheidung weckte bei den Eltern Ängste: Würde der Sohn genug Aufträge erhalten, um überleben zu können? Abermals waren die Sorgen unnötig. Denn Grimms Arbeiten begeisterten, sein Unternehmen florierte. „Schon nach einem Jahr konnte ich mir ein Auto leisten“, sagt der Künstler schmunzelnd. Zwei Jahre später war er imstande, sich auch noch einen Anhänger anzuschaffen. In dieser Zeit begann sich eine Freundschaft zwischen ihm und den Bildhauerkollegen Ernst Singer und Herbert Spielmann zu entwickeln.Ein Trio entsteht
Wie das Trio bis zum Tod von Singer und Spielmann zusammenarbeitete, war außergewöhnlich. Konkurrenzgedanken gab es nicht. Gemeinsam wollten die drei gestalten, gemeinsam rangen sie um Möglichkeiten, künstlerisch auszudrücken, was sie bewegte. Wie viele Werke er im Laufe seines Lebens geschaffen hat, kann Willi Grimm heute nicht mehr sagen: „Viele hundert.“ Mit einigen verknüpft er besondere Erinnerungen. 1989 etwa hat er eine 1,60 Meter große Statue des Heiligen Kilian gestaltet, für die Pfarrkirche im irischen Mullagh, der legendären Heimat des Frankenapostels. Die imposanten Feierlichkeiten in Irland im Spätsommer 1989 bleiben Grimm unvergesslich. Mit seinem aktuellen Werk, dem Mahnmal im Kloster Maria Bildhausen, hofft der Bildhauer, einen Beitrag wider das Vergessen zu leisten. Seit Jahren schon hat er die Idee einer Skulptur mit begehbarem Innenraum entwickelt, die aus Sichtbetonelementen und bemalten Glasscheiben als Fenstern besteht. Im 30 Quadratmeter großen Inneren werden sich einige wenige Holzbänken sowie ein Steinblock befinden. Darauf wird ein Buch liegen mit den Namen der 379 von den Nazis ermordeten Menschen mit Behinderung, die in den Einrichtungen der St. Josefskongregation – heute Dominikus-Ringeisen-Werk – in Ursberg, Holzen und Bildhausen lebten. Sich in dem Raum aufzuhalten, sagt Grimm, wird zunächst beklemmend sein. Bis man zu den bunten Fenstern hinausschaut. Die sollen Hoffnung wecken: „Die ja bis zuletzt bleibt.“ Pat ChristAus Anlass seines 90. Geburtstags sind im Würzburger Spitäle an der Alten Mainbrücke vom 5. bis 27. August Skulpturen, Plastiken und Bilder von Willi Grimm zu sehen. Geöffnet täglich, außer montags,11 bis 18 Uhr. Eintritt frei.