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Gedanken zum Sonntagsevangelium von Dr. Martin Schwab
Das Atmen der Seele
Evangelium
In jener Zeit baten die Apostel den Herrn: Stärke unseren Glauben! Der Herr erwiderte: Wenn euer Glaube auch nur so groß wäre wie ein Senfkorn, würdet ihr zu dem Maulbeerbaum hier sagen: Heb dich samt deinen Wurzeln aus dem Boden, und verpflanz dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen. Wenn einer von euch einen Sklaven hat, der pflügt oder das Vieh hütet, wird er etwa zu ihm, wenn er vom Feld kommt, sagen: Nimm gleich Platz zum Essen? Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: Mach mir etwas zu essen, gürte dich, und bediene mich; wenn ich gegessen und getrunken habe, kannst auch du essen und trinken. Bedankt er sich etwa bei dem Sklaven, weil er getan hat, was ihm befohlen wurde? So soll es auch bei euch sein: Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Sklaven; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan.
Lukas 17,5–10
Sie haben es nicht leicht, die Jüngerinnen und Jünger Jesu. Sie ziehen mit ihm durch die Lande, werden dauernd mit verwirrenden Ereignissen, hohen ethischen Ansprüchen und dunklen Andeutungen über die Zukunft konfrontiert. Ein Leben in Spannung und Unsicherheit, unruhig, belastend und bestimmt nicht jedermanns Sache. Da scheint es wirklich nicht sehr unanständig, wenn sie Jesus um ein wenig Stärkung im Glauben – im Originaltext heißt es „Gib du uns mehr Glauben!“ – bitten.
Und was kommt dabei heraus. Eine glasklare Abfuhr ihres Meisters – schön bildlich formuliert mit dem Maulbeerbaum, der schon bei einem Körnchen Glauben sich ins Meer verpflanzen würde.
Diese Schocktherapie nutzt Jesus immer wieder einmal im Umgang mit seinen Jüngern. Vor allem, wenn es um grundlegende Fragen geht. Das ist hier der Fall. Es geht um den tragenden Lebensgrund der Christinnen und Christen: den Glauben. Diesen kann man nicht einfach messen und man kann ihn nicht durch Training wie im Sport Stück für Stück steigern. Glaube ist eine Grundentscheidung und eine Grundhaltung. Wer glaubt, hat Orientierung. Wer glaubt, kann große Aufgaben bewältigen. Wer glaubt, vermag im Scheitern nicht zu verzweifeln. Glauben ist „das Atmen der Seele aus ihrem Ursprung in Gott“ (Martin Löwenstein).
Wie kommt der Mensch zu einem solchen Glauben? Nicht primär dadurch, dass er konsequent Regeln einhält und Rituale absolviert. Denn Glauben ist kein Zertifikat, dass man sich erarbeiten kann. Zuallererst ist Glaube ein Geschenk Gottes an den Menschen. Aufgabe des Menschen ist es, dieses Geschenk zu erspüren und anzunehmen. Helfen können dabei Vorbilder im Glauben. Frauen und Männer, die überzeugend als Christen leben. Frauen und Männer, die fair miteinander umgehen, die sich für Schwache einsetzen und denen Erfolg und Prestige nicht über alles geht. Entsprechend verdunkeln aber auch Frauen und Männer dieses Geschenk, wenn sie in ihrem Handeln als Christen nicht mehr zu erkennen sind, weil für sie der eigene Vorteil entscheidend ist. Hier sind wir alle gefordert, die Balken im eigenen Auge zu sehen. Ein ganz mühsames Geschäft, nicht zuletzt für die Menschen, die in der Kirche Verantwortung tragen und deshalb mit dieser Frage besonders konfrontiert sind.
Das Geschenk des Glaubens hält aber noch eine weitere Herausforderung für uns bereit: Glauben ist ein Prozess. Man muss immer wieder um ihn ringen. Man kann ihn nicht erwerben und dann im Tresor einschließen und sich darauf ausruhen. Gebet, theologische Reflexion, Gottesdienst und Glaubensgemeinschaften sind unter anderem Stützen bei diesem Ringen, das ein ganzes Leben dauert, dem Leben aber auch ganz besonderen Sinn, Orientierung und Kraft gibt.
Der Autor ist Pastoralreferent und Redakteur beim Würzburger katholischen Sonntagsblatt.
In jener Zeit baten die Apostel den Herrn: Stärke unseren Glauben! Der Herr erwiderte: Wenn euer Glaube auch nur so groß wäre wie ein Senfkorn, würdet ihr zu dem Maulbeerbaum hier sagen: Heb dich samt deinen Wurzeln aus dem Boden, und verpflanz dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen. Wenn einer von euch einen Sklaven hat, der pflügt oder das Vieh hütet, wird er etwa zu ihm, wenn er vom Feld kommt, sagen: Nimm gleich Platz zum Essen? Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: Mach mir etwas zu essen, gürte dich, und bediene mich; wenn ich gegessen und getrunken habe, kannst auch du essen und trinken. Bedankt er sich etwa bei dem Sklaven, weil er getan hat, was ihm befohlen wurde? So soll es auch bei euch sein: Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Sklaven; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan.
Lukas 17,5–10
Sie haben es nicht leicht, die Jüngerinnen und Jünger Jesu. Sie ziehen mit ihm durch die Lande, werden dauernd mit verwirrenden Ereignissen, hohen ethischen Ansprüchen und dunklen Andeutungen über die Zukunft konfrontiert. Ein Leben in Spannung und Unsicherheit, unruhig, belastend und bestimmt nicht jedermanns Sache. Da scheint es wirklich nicht sehr unanständig, wenn sie Jesus um ein wenig Stärkung im Glauben – im Originaltext heißt es „Gib du uns mehr Glauben!“ – bitten.
Und was kommt dabei heraus. Eine glasklare Abfuhr ihres Meisters – schön bildlich formuliert mit dem Maulbeerbaum, der schon bei einem Körnchen Glauben sich ins Meer verpflanzen würde.
Diese Schocktherapie nutzt Jesus immer wieder einmal im Umgang mit seinen Jüngern. Vor allem, wenn es um grundlegende Fragen geht. Das ist hier der Fall. Es geht um den tragenden Lebensgrund der Christinnen und Christen: den Glauben. Diesen kann man nicht einfach messen und man kann ihn nicht durch Training wie im Sport Stück für Stück steigern. Glaube ist eine Grundentscheidung und eine Grundhaltung. Wer glaubt, hat Orientierung. Wer glaubt, kann große Aufgaben bewältigen. Wer glaubt, vermag im Scheitern nicht zu verzweifeln. Glauben ist „das Atmen der Seele aus ihrem Ursprung in Gott“ (Martin Löwenstein).
Wie kommt der Mensch zu einem solchen Glauben? Nicht primär dadurch, dass er konsequent Regeln einhält und Rituale absolviert. Denn Glauben ist kein Zertifikat, dass man sich erarbeiten kann. Zuallererst ist Glaube ein Geschenk Gottes an den Menschen. Aufgabe des Menschen ist es, dieses Geschenk zu erspüren und anzunehmen. Helfen können dabei Vorbilder im Glauben. Frauen und Männer, die überzeugend als Christen leben. Frauen und Männer, die fair miteinander umgehen, die sich für Schwache einsetzen und denen Erfolg und Prestige nicht über alles geht. Entsprechend verdunkeln aber auch Frauen und Männer dieses Geschenk, wenn sie in ihrem Handeln als Christen nicht mehr zu erkennen sind, weil für sie der eigene Vorteil entscheidend ist. Hier sind wir alle gefordert, die Balken im eigenen Auge zu sehen. Ein ganz mühsames Geschäft, nicht zuletzt für die Menschen, die in der Kirche Verantwortung tragen und deshalb mit dieser Frage besonders konfrontiert sind.
Das Geschenk des Glaubens hält aber noch eine weitere Herausforderung für uns bereit: Glauben ist ein Prozess. Man muss immer wieder um ihn ringen. Man kann ihn nicht erwerben und dann im Tresor einschließen und sich darauf ausruhen. Gebet, theologische Reflexion, Gottesdienst und Glaubensgemeinschaften sind unter anderem Stützen bei diesem Ringen, das ein ganzes Leben dauert, dem Leben aber auch ganz besonderen Sinn, Orientierung und Kraft gibt.
Der Autor ist Pastoralreferent und Redakteur beim Würzburger katholischen Sonntagsblatt.