Um das Jahr 780 entstand an der Mündung der Schwarzach in den Main ein benediktinisches Frauenkloster. 877 übernahmen Benediktinermönche das „Monasterium Suarzaha“. In einer ersten Blütezeit entstand 1066 eine frühromanische Basilika, die der heiligen Felizitas geweiht war. Die folgende Zeit des Niedergangs erreichte mit der Zerstörung des Klosters im 30-jährigen Krieg einen traurigen Tiefpunkt. Im 17. und 18. Jahrhundert kam es zu einer neuerlichen Blüte: Gipfelpunkt war 1743 die Errichtung einer gewaltigen Barockbasilika nach Plänen von Balthasar Neumann. Doch bereits 1803 mussten die Mönche ihr Kloster wieder verlassen, die Neumann-Basilika wurde zum Steinbruch. Erst 100 Jahre später kamen wieder Benediktiner nach Franken. Zunächst ließen sie sich in St. Ludwig nieder; dann erwarben sie 1913 die Überreste des Klosters und errichteten eine Abteikirche nach Plänen von Albert Boßlet.
Seit 1982 leitet Abt Fidelis Ruppert die Geschicke der Abtei; rund 90 Mönche – 60 Brüder und 30 Patres – leben hier; weitere 51 befinden sich im Missionseinsatz. Hinzu kommen etwa 20 Mitbrüder in den Häusern Würzburg, Damme und Schuyler in Nebraska/USA und in Pfarreien rund um Münsterschwarzach.
Grundmaxime benediktinischen Lebens bildet seit Benedikt von Nursia das „Ora et labora“ (Bete und arbeite). Ganz im Gegensatz zur hektischen Betriebsamkeit unserer Tage ist es tiefste Überzeugung der Benediktiner, dass „alles Wirken nur dann von bleibendem Wert ist, wenn es geheiligt wird durch das Gebet“.
Keinen Cent Kirchensteuer
Fünfmal täglich versammeln sich die Mönche deshalb in der Abteikirche zu Morgenhore, Konventamt, Mittagshore Vesper und Komplet. Doch auch der Stellenwert der Arbeit ist in der Regel des heiligen Benedikt verankert. „Von der Kirchensteuer beziehen wir keinen Cent“, erklärt Bruder Manuel Witt: Im Laufe der Jahre ist so aus dem Kloster ein autarker Mikrokosmos mit Vorbildfunktion geworden; denn bei aller wirtschaftlichen Orientierung will man nachhaltig und schöpfungsnah produzieren. Heute umfasst das klösterliche Wirtschaftsunternehmen eine Vielzahl von Betrieben: Bäckerei, Goldschmiede, Schreinerei und Landwirtschaft gehören ebenso dazu wie Autowerkstatt mit Tankstelle und eine eigene Feuerwehr. Über den hauseigenen Vier-Türme-Verlag will man Menschen, die auf der Suche sind, ansprechen. Hinzu kommen eine hochmoderne Druckerei sowie ein Fair-Handel mit beachtlichem Sortiment aus fremden Kulturen.
Im Blick auf das neue Jahrtausend arbeiten die Mönche außerdem an der Nutzung alternativer Energiequellen. Die geistliche Grundlage ist auch hier in der benediktinischen Tradition zu finden. „Der heilige Benedikt fordert in seiner Regel, mit allen Dingen des Alltags sorgfältig umzugehen und sie wie heilige Altargefäße zu behandeln“, erklärt Abt Fidelis: „Damit in allem Gott verherrlicht werde“. Zu diesem Zweck gründete man einen Ökorat, dem auch Kunstschmied Arnold Rumpel angehört: „Ziel ist es, unseren Energiebedarf zu 100 Prozent durch regenerative Energiequellen aus der Region zu decken.“ Dazu gehört die traditionsreiche Wasserkraft ebenso wie eine moderne Photovoltaik-Anlage und die Beteiligung an einem Windpark. Neuestes Projekt ist die Holzhackschnitzelanlage, die im Herbst in Betrieb genommen werden soll.
Geheimnis „Spiritualität“
Dieser Balanceakt zwischen Tradition und Moderne, Spiritualität und Wirtschaftlichkeit ist es im Grunde auch, was das Geheimnis der Benediktiner und ihre Attraktivität ausmacht. Kein Wunder, dass man mit dem Nachwuchs keine Probleme hat: Vier Novizen sind es derzeit. Vor allem die Jugendarbeit bringt junge Menschen vor die Tore des Klosters. Allein an Ostern kommen jährlich bis zu 200 junge Leute. Hier lernen sie die benediktinische Lebensform kennen – und die hat für Abt Fidelis auch heute noch viel zu bieten: „Wir haben ein breites Spektrum an Aktivitäten, das auch für junge Leute faszinierend ist.“ Die Palette umfasst dabei Geistiges wie Handwerkliches. „Ob Informatiker, Staatsanwalt oder Werbespezialist – wir können alles brauchen“, schmunzelt der Abt, und so sind Doppelberufe wie Elektroingenieur und Priester oder Steuerberater und Exerzitienbegleiter keine Seltenheit.
Missionsarbeit im „fränkischen Busch“
Die Hauptaufgabe der Münsterschwarzacher Mönche ist aber die Mission: Über 50 Missionare leben heute in Tansania, Südafrika, Kenia, Südkorea und auf den Philippinen. „Mission bedeutet noch immer, die christliche Botschaft zu verkünden und den Dialog mit anderen Kulturen und Religionen zu intensivieren“, definiert Bruder Stephan Veith, Leiter der Missionsprokura. Dennoch sieht er ein neues Missionsverständnis aufkommen: „Es geht heute vor allem um Glaubensvertiefung.“ Mittlerweile gehen immer weniger Missionare ins Ausland, denn – so Bruder Stephan – auch Franken ist wieder Missionsland geworden. Die „Missionsarbeit im fränkischen Busch“ hat vielerlei Facetten: Dies beginnt mit dem Egbert-Gymnasium, wo derzeit etwa 750 Schüler lernen. Darüber hinaus geben die Betriebe rund 280 Menschen Arbeit. Das Gästehaus bietet neben Jugendkursen 66 Kurse zu Meditation und Besinnung an, die stets ausgebucht sind. Und auch der geistlichen Begleitung in Krise geratener Priester und Ordensleute widmet man sich hier – ein Angebot, das vor 20 Jahren undenkbar gewesen wäre.
Berührt die Herzen
Wer kennt ihn nicht? Pater Anselm Grün, spiritueller Bestsellerautor und begehrter Vortragsredner ist wohl einer der prominentesten Münsterschwarzacher Mönche. „Die Menschen sind wieder auf der Suche nach den inneren Quellen“, meint der sympathische Ordensmann. „Sie suchen eine Spiritualität, die ihnen hilft zu leben.“ Diese „Sehnsucht nach solider Kost“ stillt Pater Anselm, indem er den „Reichtum christlicher Tradition in einer Sprache verkündet, die die Herzen berührt“. Zugleich ist der Gelassenheit ausstrahlende Mönch seit 27 Jahren Cellerar der Abtei Münsterschwarzach, wirtschaftlicher Verwalter und Herr über rund 280 Angestellte. Für den bescheidenen Erfolgsautor keineswegs ein Widerspruch: „Der Umgang mit Geld erdet meine Spiritualität!“ Umgekehrt bedeuten die sechs wöchentlichen Schreibstunden Erholung für den Finanzexperten: „Schreiben hält mich lebendig!“
Am 30. Juli in Münsterschwarzach
BR1-Sendetermin: 30. Juli, von 12.05 bis 13 Uhr. Vor Ort: Vorprogramm bereits ab 11 Uhr.
Themenauswahl: Berufungen: Wenn ein Staatsanwalt Benediktinerpater wird. Die Solarabtei – Münsterschwarzach und der Umweltschutz. Der Guru im Habit: Anselm Grün.
Der besondere Tipp: Die Benediktiner laden an diesem Tag ausnahmsweise bereits um 11 Uhr zum Mittagsgebet in die Abteikirche. Dort begrüßt Abt Fidelis Ruppert die Gäste. Das Bühnenprogramm beginnt dann anschließend um 11.30 Uhr.
Tipps und Fakten
Gottesdienste: An den Gebetszeiten können Besucher jederzeit teilnehmen. Morgenhore: werktags 5.05 Uhr, sonn- und Feiertags 6.10 Uhr. Konventamt: 6.15 und 9 Uhr (So.); Mittagshore: 12 und 11.45 Uhr (So.); Vesper: 18 und 17.45 (So.); Komplet 19.35 Uhr und 19.30 Uhr (So.). Zusätzliche Eucharistiefeiern sind sonntags um 7.30 und 10.30 Uhr.
Besuchern zugänglich sind: Klosterkirche, Missionsmuseum sowie ein Teil der Betriebe und Läden.
Eine Einführung in das benediktinische Leben geben die Brüder mit dem Film „Benedikt live“; anschließend besteht die Möglichkeit für vertiefende Gespräche (vorher anmelden).
Gästehaus: Auch Einzelgäste können hier zur Ruhe kommen; 41 Einzel- und neun Doppelzimmer zum Preis von 37 Euro (Vollpension) stehen zur Verfügung; auf Wunsch wird geistliche Begleitung angeboten. Fremdbelegung mit eigenen Referenten ist möglich. Das Kursprogramm kann angefordert werden beim Leiter des Gästehauses, Bruder Pascal Johannes Herold.
Jugendkurse: Anmeldung bei Pater Jonathan Düring. Jeden dritten Freitag im Monat findet um 19.30 Uhr in der Krypta eine Jugendvesper statt. Im Jugendbeleghaus Münsterklause können sich ganze Gruppen einmieten. Kontakt Bruder David Hergenröder.
Adresse: Abtei Münsterschwarzach, Schweinfurter Straße 40, 97359 Münsterschwarzach Abtei, Telefon 09324/200.