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    Kommentar von Martin Schwab

    Christus als Befreier aus Armut und Not

    Kommentar von Martin Schwab
    Ernesto Cardenal ist 80 Jahre alt geworden. Der Mystiker, Marxist und Christ ist ein umstrittener Mann mit Ecken und Kanten. Doch ohne ihn wäre die Kirche ärmer.
     
    Sein konsequentes Eintreten für Gerechtigkeit im Hier und Jetzt erdete eine bis dahin oft zu abstrakte Theologie und sein beharrlicher Einsatz für die Armen ist bis heute ein fruchtbarer Stachel im Fleisch der Kirche.
     
    Sein Buch „Das Evangelium der Bauern von Solentiname“ war in den 70er und 80er Jahren Inspiration für eine ganze Theologengeneration. Cardenals Erzählungen vom gemeinsamen Leben mit den einfachen Bauern am Nicaragua-See und deren Versuchen, die Bibel zu deuten, berührte die Seelen und forderten eine neue Sicht auf die Verbindung von Bibel und Leben. Der Ansatz, Christus als Befreier aus Not und Armut zu sehen, faszinierte. Cardenal traf den Nerv der Zeit. Große gesellschaftliche Visionen waren angesagt, und die Rede vom Reich Gottes bekam einen ganz anderen, aktuellen Klang.
     
    Cardenal machte mit seinen theologischen Ansätzen ernst. Er unterstützte die Sandinisten in Nicaragua bei der Revolution. Er wurde Kultusminister in der neuen Regierung. So provozierte er – trotz seines späteren Scheiterns – weltweit eine Diskussion um die Frage, wie weit sich die Kirche zum Wohl der Menschen in die praktische Politik einmischen muss.
     
    Sowohl der befreiungstheologische Ansatz als auch das praktisch-politische Christentum sind derzeit weniger gefragt. Gesellschaftspolitische Veränderungen wie der Siegeszug eines zunehmend zügellosen Materialismus und Kapitalismus sowie kirchliche Entwicklungen wie die lehramtliche Verurteilung politisch-theologischer Aufbrüche und Experimente haben dazu beigetragen.
     
    Cardenal hat sich bis heute nicht unterkriegen lassen. Weil er weiß, dass manche seiner Grundideen zeitlos sind. Die Verbindung von Bibel und Leben bleibt für Christinnen und Christen existenziell. Und der konkrete Einsatz für Gerechtigkeit wird immer ein Prüfstein für kirchliche Glaubwürdigkeit sein.