Solche „Jubiläen“ bieten Anlass, Geschehenes neu in den Blick zu nehmen, womöglich Schuld und Versagen zu benennen, Vergangenheit aufzuarbeiten – zumindest den Versuch dazu zu machen.
Das haben jetzt auch die deutschen Bischöfe mit ihrem Text „Deutsche Bischöfe im Weltkrieg“ getan. Darin finden sich nicht nur die erwartbaren Rückblicke, Einordnungen und Mahnungen, sondern auch Aussagen in Sachen Verfehlungen und Schuld von Kirchenvertretern. Warum erst jetzt und nicht schon viel früher, so könnte man fragen. Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass 75 Jahre nach Kriegsende schon lange keiner derer, die damals hätten anders handeln können, mehr am Leben ist. Andererseits ist es meist eine Gratwanderung, im Rückblick sowie aus der Perspektive und mit dem Wissen der Nachgeborenen, vergangenes Verhalten zu be- oder gar zu verurteilen. So räumen die Bischöfe in ihrem Wort dem Bemühen, damaliges Verhaltens zu erklären, breiten (zu breiten?) Raum ein. Dass Flecken auf der Weste der Kirche seriös wissenschaftlich aufgedeckt und benannt werden, ist richtig. Es darf aber nicht geschehen als eine Art Abschluss nach dem Motto: damit ist die Sache aber jetzt ausgestanden; und noch weniger als Distanzierung im Sinne: das waren die Altvorderen, wir Heutigen haben damit nichts mehr zu tun. Ganz im Gegenteil. Das rückblickende Benennen von Schuld und Schuldigen ist nur dann sinnvoll, wenn es einhergeht mit dem Willen, daraus zu lernen. Die Bischöfe betonen das in ihrem Wort. Bekennen, bereuen, bessern heißt der Dreischritt beim Bußsakrament. Eine gute Richtschnur auch für das Aufarbeiten von Vergangenheit. Ein sehr harter Prüfstein für die Bischöfe in dieser Hinsicht ist der Missbrauchsskandal. Denn der liegt noch keine 75 Jahre zurück.
Wolfgang Bullin