Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Probeabo des Magazins bestellen

Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt erfahren Sie im Sonntagblatt.

    Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt...

    Mehr
    Betrachtung zum Sonntagsevangelium – Palmsonntag

    Bei wem Jesus ankommt

    Was wäre, wenn Jesus heute in unsere Stadt käme, und niemand würde ihn erkennen? Viele Geschichten oder Filme haben diese Idee aufgegriffen. Das Matthäus-Evangelium erzählt diese befremdliche Erfahrung bereits zu Lebzeiten Jesu.

    Evangelium

    Als sich Jesus mit seinen Begleitern Jerusalem näherte und nach Betfage am Ölberg kam, schickte Jesus zwei Jünger aus und sagte zu ihnen: Geht in das Dorf, das vor euch liegt; dort werdet ihr eine Eselin angebunden finden und ein Fohlen bei ihr. Bindet sie los und bringt sie zu mir! Und wenn euch jemand zur Rede stellt, dann sagt: Der Herr braucht sie, er lässt sie aber bald zurückbringen. Das ist geschehen, damit sich erfüllte, was durch den Propheten gesagt worden ist: Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir. Er ist sanftmütig und er reitet auf einer Eselin und auf einem Fohlen, dem Jungen eines Lasttiers. Die Jünger gingen und taten, was Jesus ihnen aufgetragen hatte. Sie brachten die Eselin und das Fohlen, legten ihre Kleider auf sie und er setzte sich darauf. Viele Menschen breiteten ihre Kleider auf dem Weg aus, andere schnitten Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg. Die Leute aber, die vor ihm hergingen und die ihm nachfolgten, riefen: Hosanna dem Sohn Davids! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn. Hosanna in der Höhe! Als er in Jerusalem einzog, erbebte die ganze Stadt und man fragte: Wer ist dieser? Die Leute sagten: Das ist der Prophet Jesus von Nazaret in Galiläa.

    Matthäus 21,1–11

    Ausgerechnet der Einzug in Jerusalem, den wir uns oft so großartig vorstellen, mündet in die Frage: „Wer ist das?“ So fragen die „Insider“ in Jerusalem. Sie haben nicht begriffen, wer das ist, der da kommt.

    Andere aber haben es verstanden. Die „Außenseiter“ vor der Stadt, die mit Jesus gehen, begreifen. Sie wissen aus der Bibel: Wer auf einem Esel kommt, ist anders als die Herren der Welt; denn so steht es beim Propheten: Der ist der neue, sanftmütige König. Der ist es, der sich für die Tochter Zion – also für Jerusalem – auf den Weg gemacht hat, um ihr Heil zu bringen.

    Durch das Zeichen mit der Eselin wird den Menschen draußen vor der Stadt deutlich: Hier und heute erfüllt sich die Schrift! Und auf die prophetische Zeichenhandlung von Jesus antworten sie wieder aus der Bibel heraus mit einem Psalmvers: „Hosanna dem Sohn Davids!“ Ja, Jesus ist der neue König, der im Namen Gottes kommt! Wer die Bibel kennt, sieht das auf den ersten Blick.

    Und die „Tochter Zion“, zu der doch der Friedenskönig kommen will, wie es die Propheten sagen? Jerusalem gerät in Aufregung, aber begreift nicht und muss fragen: „Wer ist das?“ Und trotz der Auskunft („das ist der Prophet Jesus“) wird Jerusalem Jesus nicht erkennen, wird blind bleiben für seine Königswürde und sein Kommen im Namen Gottes. Jerusalem wird Jesus verhaften, verurteilen und hinrichten – weil es die Zeichen nicht verstanden hat, die für die Menschen draußen vor den Toren der heiligen Stadt so klar zu erkennen waren!

    Und wir, wo befinden wir uns heute – draußen oder drinnen? Manchmal denke ich, dass auch heute Jesus ausgerechnet bei den „Insidern“ nicht ankommt und nicht erkannt wird, weil sie die prophetischen Zeichen – den Machtverzicht und den Friedensweg im Namen Gottes – nicht erkennen und begreifen (wollen). Weil Jesus so anders ist, als man ihn erwartet: ohne SUV, sondern mit gebrauchtem Klein­wagen. Keine Bodyguards, sondern ganz normale Leute um ihn herum. Dagegen sind es mitunter die „Fernstehenden“, die erkennen: Hier passiert etwas, das mit Gott zu tun hat – und mit uns.

    Wenn Jesus heute in unsere Stadt käme, woran würden wir ihn erkennen? Sollten wir etwa an der Ortseinfahrt nach einem Esel Ausschau halten? Oder nach welchen anderen Zeichen?

    Die vor Kurzem verstorbene Autorin Gudrun Pausewang hat eine kleine Geschichte darüber geschrieben, wie das sein könnte, wenn Jesus heute käme – nach Aschaffenburg, Schweinfurt oder Miltenberg, nach Rom oder New York. Es gibt keine Prozessionen ihm zu Ehren, keine Empfänge, nicht einmal einen Zeitungsbericht. Aber es gibt Menschen, die hinterher ermutigt, getröstet und gestärkt sind und sagen: „Ich bin einem guten Menschen begegnet.“ Vielleicht ist das das wichtigste Erkennungszeichen dafür, dass Jesus in unsere Stadt kommt!

    Wenn wir am Palmsonntag wieder den Einzug Jesu in Jerusalem inszenieren, in welcher Rolle finden wir uns dann wieder? Gehören wir zu den religiösen „Insidern“, die zwar aufgeregt sind, aber nicht erkennen, dass hier das Heil kommt? Oder reihen wir uns ein bei den vielen, die fernstehen, und freuen uns mit ihnen: „Der Friedenskönig ist da – Gott kommt zu uns!“ Sind Sie dabei?

    Dr. Ursula Silber („u.silber@martinushaus.de“) ist Rektorin im
    Martinushaus in Aschaffenburg.