In jener Zeit sah Johannes der Täufer Jesus auf sich zukommen und sagte: Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt. Er ist es, von dem ich gesagt habe: Nach mir kommt ein Mann, der mir voraus ist, weil er vor mir war. Auch ich kannte ihn nicht; aber ich bin gekommen und taufe mit Wasser, um Israel mit ihm bekannt zu machen. Und Johannes bezeugte: Ich sah, dass der Geist vom Himmel herabkam wie eine Taube und auf ihm blieb. Auch ich kannte ihn nicht; aber er, der mich gesandt hat, mit Wasser zu taufen, er hat mir gesagt: Auf wen du den Geist herabkommen siehst und auf wem er bleibt, der ist es, der mit dem Heiligen Geist tauft. Das habe ich gesehen, und ich bezeuge: Er ist der Sohn Gottes.
Johannes 1,29–34
Vor einigen Jahren durfte ich einen jungen Mann begleiten, sich auf seine Taufe vorzubereiten. Nachdem wir ein gutes dreiviertel Jahr über die verschiedenen Aspekte unseres Glaubens gesprochen haben, kam er plötzlich mit der Frage (die aber eigentlich die Frage seiner katholischen Freundin war), ob er vor der Taufe nicht noch beichten müsse.
Ich konnte ihm dann erklären, dass die Taufe sündenvergebend ist, dass er aber später schon auch zur Beichte kommen darf. Ob er dies jemals getan hat, kann ich leider nicht sagen.
Denn für Vieles haben wir ja auch immer eine Ausrede parat: Wenn ich mich mit jemanden gestritten habe, dann ist es doch klar, dass ich niemals alleine daran Schuld bin, es gehören ja immer zwei dazu. Wenn ich jemanden betrogen habe, dann ist er schön dumm, wenn er es nicht merkt und wenn ich mal lüge, dann ist das sowieso eine Notlüge. (Ich frage mich manchmal, wenn ich so etwas höre, ob wir wirklich so viel Not haben, dass wir nicht die Wahrheit sagen können.) Und das – Herr, erhalte mir meine guten Ausreden – scheint für viele sowieso das tägliche Stoßgebet zu sein. Doch so richtige Sünder, das sind wir nie, das sind immer die anderen.
Doch Johannes nennt Jesus das Lamm Gottes, das die Sünden der Welt hinwegnimmt! Das scheint für Johannes das Besondere an Jesus zu sein, das er ihm voraus hat, weil er etwas kann, das nur Gott selber kann, eben uns von Sünden und Schuld zu befreien.
Und genau dieses Wort hören wir ja auch vor jeder heiligen Kommunion: „Seht das Lamm Gottes, das die Sünden der Welt hinwegnimmt.“
Und was ist mit unserer Antwort: „O Herr ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.“ Ist das nur so ein Satz wie viele, die wir sprechen, oder meinen wir das ernst, dass wir gesund werden wollen – nicht nur am Leib, sondern auch an der Seele?
Das scheint dieser besondere Geist zu sein, der in Jesus steckt, dass er etwas kann, das sonst niemand auf der Erde kann, nämlich Sünden zu vergeben. Dass er mir sagen kann und will: „Selbst wenn du dir nicht vergeben kannst oder willst, ich kann es und ich bin gekommen, dir das zu sagen: Ich halte zu dir, egal was kommt und egal, was du machst aus dir und deinem Leben.“
Lothar Zenetti, der Dichter und Priester, bringt es auf den Punkt, wenn er schreibt:
Was Jesu für mich ist?
Einer der für mich ist
Was ich von Jesus halte?
Dass er zu mir hält.
Spätestens dann, wenn ich zur Kommunion gehe, sollte ich mir nochmals vergegenwärtigen, wem ich begegne, – Jesus, dem Sohn Gottes, der hinweg nimmt die Sünden der Welt, also auch meine und das seit dem Tag, an dem ich getauft wurde.
Der Autor ist Pfarrer in Veitshöchheim.