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    Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt...

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    Ausdruck tiefer Volksfrömmigkeit

    Weniger auf hoheitsvollen Abstand bedacht als ihre russischen Verwandten aus Holz, treten rumänische Hinterglas-Ikonen in einen unmittelbareren Dialog mit dem Betrachter. Bunter, verspielter, weniger starr in der Interpretation des Themas sind jene zerbrechlichen Werke, die im 18. und 19. Jahrhundert von Rumänen in Siebenbürgen hergestellt und vertrieben wurden. Eine Sammlung von über 220 rumänischen Hinterglasikonen – unter ihnen auch fünf mit der Darstellung der Geburt Christi – sind im Museum am Dom ausgestellt.
    Vor fünf Jahren hatten der Chemiker Dr. Joachim Nentwig und seine Gattin Marianne diese über Jahre hinweg zusammengetragene Sammlung dem Würzburger Museum am Dom gestiftet. Thematisch geordenet und wissenschaftlich aufbereitet, wurden die Ikonen abschließend vom Kunstreferat der Diözese in einem Katalog veröffentlicht.
     

    Gang ins mystische Dunkel

    Untergebracht sind die meisten der Hinterglas-Ikonen in einem eigens für sie gebauten, dunklen, sechseckigen Raumgebilde, an dessen schwarzen Wänden rund 200 dieser Bilder dicht an dicht hängen. Der ahnungslose Besucher, der sozusagen aus dem Hellen des Museums, in ein mystisches Dunkel eintaucht, ist zunächst erschlagen von der Fülle der Heiligenbilder, die sich ihm erst nach genauerem Hinsehen als thematisch geordnet offenbaren: Beginnend mit der Darstellung der Dreifaltigkeit gleich am Eingang, über die Themen Engel, Sündenfall, Prophet Elias, Christus, Gottesmutter, Heilige, bis zum Jüngsten Gericht und dem Allerheiligenbild spannt sich der Bogen der Bildthemen. 

    Allen hier ausgestellten HinterglasIkonen gemeinsam – auch jenen fünf mit der Geburt Jesu – ist ihre geographische wie zeitliche Einengung auf das Gebiet Siebenbürgens vom 18. Jahrhundert bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. Vor allem der sprunghafte Anstieg von orthodoxen Rumänen in der zum größten Teil von Deutschen besiedelten Region brachte gegen Ende des18. Jahrhunderts einen sich stetig steigernden Bedarf an Heiligenbildern mit sich. Da die Holztempera-Ikonen aus den orthodoxen Nachbarländern recht teuer waren, besann man sich in Siebenbürgen zur Deckung des großen Bedarfs auf eine billigere Variante. Quarzsand und Brennholz für die Erzeugung des gläsernen Bildträgers gab’s in dem Karpatenland in Hülle und Fülle, sodass einer Herstellung im zunächst ländlich-bäuerlichen Milieu – ab der zweiten Hälfte des19. Jahrhunderts verstärkt auch in  industriell arbeitenden Glasfabriken – nichts mehr im Wege stand.

    Doch zumeist in kleinen Werkstattgemeinschaften von drei bis fünf Personen wurden die Ikonen in der Regel nach Vorlagen (Kupferstichen- und Holzschnitten) hergestellt. Wie in anderen Handwerkszweigen, so bildete sich auch hier einen Spezialistentum heraus. Die einen waren für die Umrisszeichnung zuständig, die spiegelverkehrt, wie auch die Farben selbst, auf der Rückseite der Glasplatte aufgebracht wurde; andere Helfer wiederum kümmerten sich um die Herstellung des hölzernen Rahmens und des Rückendeckels. Bis zu 20 Ikonen konnte so ein gut eingespieltes Team am Tag schaffen. Vertrieben wurde die zerbrechliche Ware von Wandergesellen auf Jahrmärkten, oder auch von Hausierern. Ihre Kunden waren ausschließlich Rumänen, Orthodoxe und auch „Unierte“ (griechisch-katholisch). 

    Keine Kunstgegenstände

    Die heutzutage bisweilen von Fachleuten kritisierten zeichnerischen Defizite der Hinterglas-Ikonen scheinen damals keine Rolle gespielt zu haben. Ihren Besitzern war es wohl egal, ob das Motiv flächig wirkte, Gesichter nur mit wenigen Strichen schematisiert, oder die Größenverhältnisse des „Ikonen-Personals“ nicht immer stimmig waren. Für die Gläubigen waren Ikonen keine Kunstgegenstände. Sie erweckten Ehrfurcht und sollten eine existenzielle Verbindung zwischen ihnen und dem Dargestellten herstellen, somit indirekt zu Gott. Museumsbesucher begeistert heute vor allem die unverwechselbare, ausgewogene Farbigkeit der HinterglasIkonen aus Rot-, Blau-, Grün- und Gelbtönen. Aber auch die Einfachheit und Klarheit der Formensprache der Künder inniger Volksfrömmigkeit und der „mit Farbe geschriebenen Evangelien“ (Gregor von Nyssa) üben einen großen Reiz aus; Parallelen zur klassischen Moderne sind unverkennbar. Das Museum am Dom hat geöffnet dienstags bis sonntags sowie feiertags von 10 bis 17 Uhr.