Als er um die 30 Jahre alt war, begann Egbert Schmitt Krippenfiguren zu schnitzen. Damals sei er mit seiner Familie im Urlaub im Bayerischen Wald gewesen. Überall habe man dort hochwertige Schnitz- und Krippenkunst kaufen können: „Für den Normalbürger war das aber meistens unerschwinglich“, erinnert sich der pensionierte Polizeihauptkommissar. Schmitt sei dann auf die Idee gekommen, die schönen Figuren für den heimischen Weihnachtsschmuck einfach selbst zu machen.
Einfach den eigenen Stil geprägt
So fing er vor 40 Jahren damit an, seine ersten Krippenfiguren für die Familie zu schnitzen. Davor sei er künstlerisch nicht besonders aktiv gewesen, auch wenn er ab und zu ein bisschen gemalt habe. Bis zu besagtem Urlaub. „Das war der Auslöser, ich habe mich dann immer mehr ausprobiert“, erzählt der Schnitzer. Dabei habe er nie einen richtigen Kurs besucht oder eine Ausbildung gemacht: „Ich wollte frei sein, meinen eigenen Stil zu entwickeln“.
Die Arbeit sei für Schmitt immer auch ein bisschen Stressbewältigung. Nach einem harten Arbeitstag als Polizist in Schweinfurt, sei er gerne direkt in den Keller gegangen – wo auch heute seine Werkstatt steht – um an den meist zwischen 30 und 40 Zentimeter großen Krippenfiguren zu werkeln. Seine Frau Traudel habe es nie gestört, dass ihr Mann seine Freizeit im Keller verbrachte und auch heute noch immer gerne verbringt. Die Werkstatt sei eben sein kleines Reich: „Ich habe einmal aufgeräumt, da bin ich aber ausgeschimpft worden, weil er nichts mehr wiedergefunden hat.“, berichtet Traudel. Einfach nur warten, bis ihr Mann mit dem Schnitzen fertig ist, tut sie aber auch nicht. Traudel Schmitt ist ebenfalls künstlerisch aktiv und verziert in ihrer Freizeit Kerzen.
Von Bethlehem nach Hesselbach
Was die Arbeit von Schnitzer Schmitt besonders macht, ist die Tatsache, dass die meisten seiner Figuren Menschen aus dem echten Leben nachempfunden sind. Die Idee funktionierte und kam so gut an, dass er mit der Zeit auch zunehmend gegen Geld Schnitzereien von Leuten anfertigte. Früher habe er sich hauptsächlich an sakralen Bildnissen versucht, doch irgendwann habe er einfach etwas Besonderes schaffen wollen: Eine großen Krippe, die heute einen Ehrenplatz im heimischen Wintergarten hat, sollte Bethlehem und seine Heimat Hesselbach zusammenbringen.
Dort findet man neben der Heiligen Familie und dem Engel, der die frohe Botschaft der Geburt Jesu verkündet unter anderem auch die Hesselbacher Gaststätte „Zum goldenen Stern“, in der sich die Bürger auf die Christmette vorbereiten, die in der im Hintergrund abgebildeten Kirche St. Philippus stattfinden wird.
Schwarzwälder Torte fürs Jesuskind
Es ist schon spannend, wenn hier Jesus in den Windeln liegt und dort der Franz Schleier, genannt „Schulze Franz“ aus dem Fenster der Dorfschänke lugt. So fügt der Schnitzer Schmitt auf seine eigene Weise seine Mitbürger in die Weihnachtsgeschichte ein. Auch andere Bürger sind dargestellt und bringen dem Jesuskind Geschenke, immer solche, die besonders zu ihnen passen. Seine Frau Traudel hat er geschnitzt, die bringt ihm eine Kerze, die Walli – die im Ort bekannt ist für ihre Schwarzwälder-Kirschtorte – schenkt ihm einen Kuchen. Und der Harald Häuringer bringt Jesus ein Ständchen auf seiner Tuba dar, die er sonst auf den Dorffesten spielt.
Auch außerhalb der Krippe mache er seinen Nachbarn mit seinen Figuren gern eine Freude. Schon die Abbilder von rund 30 Geburtstagskindern schnitzte er zur Feier ihrer Jubiläen. Auch Kunstprojekte bearbeitet der Pensionär. Eines seiner vielen Kunstwerke ist zum Beispiel eine hölzerne Frau in einem Karton von Amazon: „Man kann ja heute alles im Internet kriegen, statt im Einzelhandel. Irgendwann kann man sich wohl sogar die Frau bestellen“, lacht Schmitt, wenn seine Kritik am Internethandel auch ernst gemeint ist.
Ein Hobby für die Familie
Mittlerweile tritt der Hobby-künstler etwas kürzer. Manche Aufträge für Figuren oder Kunstwerke könne er nicht mehr annehmen, er könne nicht mehr so viel schnitzen wie früher: „Nach einer oder anderthalb Stunden höre ich heute meistens schon auf“, erzählt er. Trotzdem wird er das Schnitzereihandwerk wohl so bald nicht aufgeben. Seine Nachbarn und Freunde, die Kunstwerke und Heiligenfiguren aus Lindenholz, möchte er weiter zum Leben erwecken. Für Egbert Schmitt sei das Schnitzen fast schon familiäre Tradition. Auch sein Bruder Oswald habe vor seinem Tod geschnitzt, meist Tierfiguren. Für Schmitt steht fest: „Ich werde Schnitzen solange es geht!“
Raphael Schlimbach