Wenn genug Kräuterbüschel gebunden wurden, können alle, die am Gottesdienst an Mariä Himmelfahrt auf dem Hünenhügel teilnehmen, einen duftenden Gruß mit nach Hause nehmen. Und egal ob am Marienfeiertag oder zu anderer Zeit – wer auf das Plateau in 362 Meter Höhe steigt, wird mit dem vermeintlich schönsten Blick hinüber in die „Heiligen Länder“ belohnt. So bezeichnet der Volksmund den südlichen Teil der Haßberge, weil hier auf Schritt und Tritt Flurkapellen, Feldkreuze und Bildstöcke anzutreffen sind. Daran grenzt im Nordosten das Obermaintal. „Bei klarer Witterung sieht man die Kirchturmspitze von Kloster Banz“, schwärmt Gartenbauvereinsvorsitzende Ingrid Markert.
Freiluftgottesdienst
Mit einer Kerngruppe von einem Dutzend Gleichgesinnter zählt Markert zu den Hauptakteurinnen rund um die Segnung der Würzbüschel. Zwei Tage zuvor schwärmen die Damen aus, um Kräuter zu sammeln, aus denen sie dann schmucke Gebinde machen. An Mariä Himmelfahrt selbst fangen sie schon in der Frühe an, alles für das um 10 Uhr beginnende Hochamt unter freiem Himmel oberhalb des Dorfes aufzubauen. Seit über 20 Jahren werden die Schönbacher Sommerkräuter am 15. August auf dem Hausberg des Dorfes gesegnet. Die Gartenbausvorsitzende betont, wie wichtig es sei, auch junge Helferinnen einzubeziehen, denn die nächste Generation soll diese Tradition fortführen.
2002 regte der damalige Ortspfarrer Otmar Pottler an, den Gedenktag der Himmelskönigin auf dem höchsten Punkt der näheren Umgebung zu feiern. Daran hielt er auch fest, als er zwischenzeitlich zum Wallfahrtsseelsorger von Maria Limbach auf der anderen Mainseite berufen worden war. Auch im Ruhestand blieb er Gemeinde und Hügel treu. Im vergangenen Jahr bekam er Unterstützung von Diakon Joachim Stapf, der in seiner Predigt auf die Heilkräfte, die der Kräutergarten des Herrn bereithält, verwies − für den Leib, die Seele, den Geist und nicht zuletzt das Gemüt.
Während die Blaskapelle „Harmonie“ aus Ebelsbach aufspielte, sorgten die Mitglieder des Schönbacher Obst- und Gartenbauvereins ferner für Speis und Trank nach der Messe. 2007 hatte der Verein ermöglicht, eine Schutzmantelmadonna anzuschaffen. Der Limbacher Bildhauer Michael Scholl verwendete für die annähernd lebensgroße Statue auf dem Hünenhügel weißen Sandstein. Das Kunstwerk trägt den Titel „Mutter Natur“.
Einst ein Wasserschloss
Eine abwechslungsreiche Natur bietet die rund sieben Kilometer lange „Schönbacher Runde“ vorbei an Feldern und durch Wälder: zwei bis zweieinhalb Stunden gemütliches Wandern vorwiegend auf Teer- und Schotterwegen, beispielsweise von der Bahnstation Ebelsbach/Eltmann oder von Gleisenau aus. Gleich zum Auftakt oder zum krönenden Abschluss durch den Gleisenauer Schlosspark schlendern. Zuweilen steht die Schlosskapelle offen. In den daran anschließenden, aufgrund ihrer Größe und Dachform herrschaftlich wirkenden Nebengebäuden, „residiert“ die Verwaltungsgemeinschaft Ebelsbach. Das Schloss selbst ist laut überregionaler Presse „eines der stilvollsten Schulgebäude Bayerns“. Bevor die Gemeinde Ebelsbach 1994 das gesamte Areal erwarb, hatte der Schweinfurter Kugelfischer-Konzern ab 1968 in jenem dreigeschossigen Herrenhaus seine betriebliche Fortbildung etabliert. Der Bamberger Domdechant Philipp Erhart Groß von Trockau hatte 1772/73 den klassizistischen Bau, der später in den Besitz der Ebelsbacher Linie derer von Rotenhan kam, anstelle eines Wasserschlosses von 1548 errichten lassen. Dieses hatte er von der Familie Fuchs von Wallburg erworben; gut 300 Jahre lang hatte ihr das einstige Lehen des Hochstifts Bamberg gehört.
Der eigentliche Einstieg in die spärlich beschilderte, aber kaum zu verfehlende Wanderroute, erfolgt am Feuerwehrhaus schräg gegenüber der Gleisenauer Kirche. Auf der Landkarte sucht man einen Hünenhügel vergeblich. Die offizielle Bezeichnung lautet „Kirchberg“. Von diesem aus sind es nur wenige Hundert Meter hinunter nach Schönbach. Der besondere Schmuck der 1706 fertiggestellten katholischen Kirche St. Jakobus sind einige gotische Figuren. Der Weg zurück führt, um nicht auf der Ortsverbindungsstraße Richtung Steinbach laufen zu müssen, in Schönbach bergauf vorbei am Sportgelände. Nach der Kuppe ist erhöhte Aufmerksamkeit angeraten. Schilder warnen: „Achtung, fliegende Golfbälle!“
Golf und Wein am „Stein“
Am Rand des Golfplatzes am „Steinbacher Stein“ wurde 2012 ein neuer Rebhang bepflanzt. Der hier gewonnene Wein wird in Ebelsbach in den ehemaligen Industriestollen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs versektet. Wer einen unter Umständen nicht alltäglichen Schoppen wie einen Weißherbst oder einen Rieslaner genießen will, ist gut aufgehoben in der Gleisenauer Weinscheune. Allerdings beschränken sich die Öffnungszeiten auf Donnerstag bis Sonntag, jeweils ab dem späten Nachmittag.
Dorf mit Zukunft
Etwas früher und sogar täglich können Ausflügler im Nachbarort Breitbrunn einkehren. Im Vorjahr errang die Gemeinde im Bezirkswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ eine Silbermedaille. Heuer jährte sich seine Ersterwähnung zum 900. Mal. Geschichte hat Breitbrunn geschrieben mit seinen ab 1886 betriebenen Steinbrüchen, die Baumaterial für den Berliner Reichstag lieferten. Vorübergehend standen über 1000 Arbeiter in Lohn und Brot – mehr als das Dorf jetzt Einwohner hat. Ebenso wie die „Schönbacher Runde“ gibt es von Gleisenau aus die längere „Breitbrunner Runde“. Diese eignet sich auch zum Radfahren und könnte einen weiteren Tag ausfüllen, um „unterwegs“ zu sein.
Bernhard Schneider