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    Gedanken zum Sonntagsevangelium von Dr. Martin Schwab, Würzburg

    Auf die Karte der Hoffnung setzen

    Gedanken zum Sonntagsevangelium von Dr. Martin Schwab, Würzburg
    Evangelium
    In jener Zeit sagte Jesus zu seinen Jüngern durch ein Gleichnis, dass sie allezeit beten und darin nicht nachlassen sollten: In einer Stadt lebte ein Richter, der Gott nicht fürchtete und auf keinen Menschen Rücksicht nahm. In der gleichen Stadt lebte auch eine Witwe, die immer wieder zu ihm kam und sagte: Verschaff mir Recht gegen meinen Feind! Lange wollte er nichts davon wissen. Dann aber sagte er sich: Ich fürchte zwar Gott nicht und nehme auch auf keinen Menschen Rücksicht; trotzdem will ich dieser Witwe zu ihrem Recht verhelfen, denn sie lässt mich nicht in Ruhe. Sonst kommt sie am Ende noch und schlägt mich ins Gesicht. Und der Herr fügte hinzu: Bedenkt, was der ungerechte Richter sagt. Sollte Gott seinen Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm schreien, nicht zu ihrem Recht verhelfen, sondern zögern? Ich sage euch: Er wird ihnen unverzüglich ihr Recht verschaffen. Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, auf der Erde noch Glauben vorfinden?
    Lukas 18,1–8
     
    Die Erzählung des heutigen Evangeliums hat zwei Botschaften. Bei Ungerechtigkeiten nicht aufgeben, hartnäckig dranbleiben, nicht resignieren lautet die eine. Die andere ist die Zusage Gottes, allen Bedrängten und Benachteiligten Recht zu verschaffen. Verbunden sind diese beiden Botschaften durch die ungewöhnliche Figur des korrupten Richters.
    Wir wissen nicht, was die Witwe konkret auf dem Herzen hat. Sie will Gerechtigkeit. Und sie hat eigentlich keine Chance. Sie ist arm, ihr gesellschaftlicher Einfluss unbedeutend. Sie kennt nicht die richtigen Leute. Eine miserable Ausgangsposition. Aber sie gibt nicht auf. Sie geht mit ihrem Anliegen beharrlich dem korrupten Richter auf die Nerven. Und irgendwann hat sie Erfolg. Der Richter macht eine klassische Güterabwägung und gibt nach. Für die Witwe ein Erfolg auf der ganzen Linie – trotz einer scheinbar ziemlich hoffnungslosen Startposition.
    Die Witwe steht für viele Menschen, die nicht aufgeben, weil sie Gerechtigkeit wollen. Menschen, die es immer wieder versuchen. Ob im Großen oder im Kleinen. Manchmal geht es, wie bei der Witwe, um Gerechtigkeit gegenüber der eigenen Person. Oft aber auch um Gerechtigkeit für andere. Es gibt Menschen, die decken zäh und beharrlich Skandale auf, manchmal unter großer Gefahr für Leib und Leben. Und es gibt Menschen, die treten am Arbeitsplatz oder in der Schule für Außenseiter ein, obwohl es bequemer wäre zu schweigen. Innerhalb dieser Bandbreite finden sich die großen und kleinen Helden. Ein solches Leben ist oft unbequem und anstrengend. Manchmal ist der Preis dafür sehr hoch. Die Geschichte der Witwe im heutigen Evangelium stärkt den „Gerechten“ den Rücken und macht ihnen Mut. Mut, den sie gut gebrauchen können.
    Doch das ist nicht alles. Das Evangelium geht noch direkter auf die Betroffenen ein und gipfelt in der Botschaft: Wenn schon der korrupte Richter – wenn auch nach langem Drängen – Gerechtigkeit übt, dann doch erst recht Gott selbst. Er wird Recht verschaffen den Armen und Bedrängten, den Geschlagenen und Geschundenen. Eine gute Nachricht.
    Aber sie fordert einen starken Glauben, womit wir wieder beim roten Faden der letzten Sonntagsevangelien wären. Denn der Dreh- und Angelpunkt auch dieses Kapitels ist der Glaube selbst. Schaut man in die Geschichte der Menschheit, sind die Bitten geschundener Männer und Frauen immer wieder ins Leere gegangen: bei den bitterarmen Leibeigenen des Mittelalters, bei den ausgebeuteten Arbeitern der rasanten Industrialisierung des 19. Jahrhunderts oder bei den von immer neuen Bürgerkriegsparteien misshandelten Flüchtlinge im heutigen Afrika. Angesichts dieses Leids kann nur der Glaubende sein „Trotzdem“ wagen und alles auf die Karte der Hoffnung setzen. So wie die Witwe. Wenn es Gottes Wille ist (und der Glaubende selbst etwas dafür tut), wird er mit diesem „Trotzdem“ bisweilen auch Erfolg haben. So wie die Witwe.
     
    Der Autor ist Pastoralreferent und Redakteur beim Würzburger katholischen Sonntagsblatt.