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Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt erfahren Sie im Sonntagblatt.

    Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt...

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    Ansteckungskraft des Guten

    Im heutigen Evangelium wird eine Art Zweiklassengesellschaft angedeutet: Die Zöllner und Sünder neben den Pharisäern und Schriftgelehrten. Jesus bezieht Stellung zu diesen „Klassen“. Er stellt sich eindeutig. Er sagt: „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken.“ Oder in der Übersetzung von Friedolin Stier: „Nicht die Starken brauchen den Arzt, sondern die übel dran sind!“
    Evangelium
    In jener Zeit sah Jesus einen Mann namens Matthäus am Zoll sitzen und sagte zu ihm: Folge mir nach! Da stand Matthäus auf und folgte ihm. Und als Jesus in seinem Haus beim Essen war, kamen viele Zöllner und Sünder und aßen zusammen mit ihm und seinen Jüngern. Als die Pharisäer das sahen, sagten sie zu seinen Jüngern: Wie kann euer Meister zusammen mit Zöllnern und Sündern essen? Er hörte es und sagte: Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Darum lernt, was es heißt: Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer. Denn ich bin gekommen, um die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten.

    Matthäus 9,9–13

    Zweiklassengesellschaft – ein Unwort, das in den letzten Jahren in immer neuen Zusammenhängen auftaucht und auf eine inakzeptable Tendenz hinweist. Menschen trennen. Menschen teilen auf, zwischen denen, die es (sich) verdienen, und denen, die eben eher hinten anstehen. Eine wachsende Ungleichheit zeigt sich in verschiedenen Bereichen des Lebens.
    Zweiklassengesellschaft zum Beispiel bei den Kranken. Die privat Versicherten sind besser gestellt. Sie bekommen leichter einen Termin. Sie werden bevorzugt behandelt. Sie erhalten die notwendigen Medikamente. Sie müssen nicht so lange auf anstehende Eingriffe warten.
    Zweiklassengesellschaft bei der schulischen Bildung der Kinder. Die Familienherkunft beeinflusst immer noch sehr den schulischen Weg eines Kindes. Da sagt ein Vater mit Hauptschulabschluss, mit Ausbildung als Mechaniker, und ein engagierter Angestellter, dessen jüngste Tochter auf eigenen Wunsch ins Gymnasium geht: Unsere Tochter bewegt sich in höheren Kreisen. Für diese sind wir beinahe sozialer Endpunkt.
    Zweiklassengesellschaft beim Verdienst oder sollten wir besser sagen, beim Einkommen. Da gibt es viele abhängige Angestellte, die klein gehalten werden. Demgegenüber expandieren die Einkommen der Leitenden um ein Vielfaches. Der Anteil der Gutverdiener hat sich signifikant vergrößert. Die Schere wird immer weiter. Kaum noch eine Mitte, in der alle ganz gut leben könnten. Das scheint der Markt nicht herzugeben. Die Mittelschicht wird immer dünner.
    Zweiklassengesellschaft im Umgang mit den Ressourcen der Natur. „Volle Tanks – leere Teller“ lautet ein aktueller Buchtitel. Da sind die einen, die sich alles nehmen, und da sind die anderen, denen nicht mal mehr das täglich Brot bleibt. Einige wenige sind mobil auf Kosten der Nahrung einer Mehrheit der Bevölkerung unserer Erde.
    Im Evangelium wird auch eine Art Zweiklassengesellschaft angedeutet: Die Zöllner und Sünder neben den Pharisäern und Schriftgelehrten.
    Jesus bezieht Stellung zu diesen „Klassen“. Er stellt sich eindeutig. Er sagt: „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken.“ Oder in der Übersetzung von Friedolin Stier: „Nicht die Starken brauchen den Arzt, sondern die übel dran sind!“
    Zöllner mit Kranken zu vergleichen, wie kommt Jesus dazu? Worauf zielt sein Vergleich? Welchen Mangel musste dieser Berufsstand damals ertragen, der bei rechter Behandlung aufhebbar gewesen wäre? Es krankt den Zöllnern an Anerkennung und Achtung. Es krankt ihnen an ganz alltäglicher Aufmerksamkeit und an Kontakten mit der Allgemeinheit. Soziale Ausgrenzung – da nützt alles Geld, aller Besitz nichts. Das macht einsam. Das macht bitter. Das trennt.
    Es mangelt ihnen aber auch an persönlicher Wahrhaftigkeit. Sie sind zum Teil krank nach Geld. Gier macht krank.
    Die gängige Strategie der Menschen ist es, das Kranke, das Schlechte sich vom Leib zu halten. Es ist besser, mit Krankem, Schlechtem keinen Umgang zu pflegen, damit es nicht ansteckt. Menschen schotten sich ab und hoffen, dass sie so den Wirkungen des Krankmachenden und Bösen, der Sünde entkommen.
    Die Strategie Jesu ist konträr, genau das Gegenteil. Es gibt auch so etwas wie eine Ansteckungskraft des Guten. Das ist Jesu Anliegen. Jesus versteht sich als Arzt, als Heiler, will heilsam wirken. Er weiß: Im innersten Kern ist in jedem Menschen die Sehnsucht nach dem Guten, nach der Liebe. Ein geheimer Ort, an dem der Mensch von Gottes Liebe berührbar bleibt.
    Wir sind keine heile Welt. Wir werden nicht in eine heile Welt gesandt. Doch im Sinne Jesu ist es, die Menschen von innen heraus zu heilen. Sie anzurühren und aufzurufen. Sein Programm: Eine Barmherzigkeit, die niemanden abschreibt. Dass es trotz allem gut werden kann und ganz gut werden soll, das ist seine Einstellung zu den Menschen.
    Keine Zweiklassengesellschaft, sondern eine Klasse, in der alle gut leben können, in der keinem mangelt, in der keiner krank wird vor Hunger oder vor Gier. Spüren wir die Kraft, die in dieser Vision Jesu steckt?!

    Die Autorin ist Pastoralreferentin in Würzburg (Heuchelhof, St. Sebastian, und Rottenbauer, St. Josef) und hat die Hausleitung des Jugendbegegnungshauses Windrad im Gut Heuchelhof.