„Unsere Situation ist sehr gut, alles Nötige ist direkt vor Ort.“ Dr. Albert Müller, Leiter des Heilpädagogischen Seminars, ist voll des Lobes für den Sozialdienst katholischer Frauen (SkF), den Träger der Einrichtung. Am 24. März feiert die Fachakademie für Heilpädagogik, die zum Überregionalen Beratungs- und Behandlungszentrum (ÜBBZ) gehört, ihr
40-jähriges Bestehen. Der Reinerlös des abendlichen Benefizkonzerts der Gruppe „Femina musica“ kommt dem Projekt „Kultur für Kids“ zugute.
WÜRZBURG. „Unsere Situation ist sehr gut, alles Nötige ist direkt vor Ort.“ Dr. Albert Müller, Leiter des Heilpädagogischen Seminars, ist voll des Lobes für den Sozialdienst katholischer Frauen (SkF), den Träger der Einrichtung. Am 24. März feiert die Fachakademie für Heilpädagogik, die zum Überregionalen Beratungs- und Behandlungszentrum (ÜBBZ) gehört, ihr
40-jähriges Bestehen. Der Reinerlös des abendlichen Benefizkonzerts der Gruppe „Femina musica“ kommt dem Projekt „Kultur für Kids“ zugute.
Müller geht voll auf im Einsatz für seine Seminaristinnen und die betreuten Kinder. Das Jubiläum ist sicher ein Grund zum Freuen und Feiern. Eine noch größere Freude wäre es, wenn ein möglichst hoher Betrag für das Kinderprojekt übrig bliebe. Für ihn stehen die Kinder ihm Mittelpunkt. Es sind verhaltensauffällige Kinder, die stationär im Therapeutischen Heim St. Josef leben. Aus vielerlei Gründen kommen sie mit ihrem Leben nicht so gut zurecht. Sie sind zu aggressiv oder zu gehemmt, sie sind nicht altersgemäß entwickelt oder bringen in manchen Bereichen nicht die erwartete Leistung. Wegen ihres Verhaltens sind sie oft in schulischen Schwierigkeiten – oder aber umgekehrt – und ihre Eltern sind mit ihrer Erziehung überfordert. Im Therapeutischen Heim, in der Förderschule, in der Erziehungsberatungsstelle und in der Heilpädagogischen Tagesstätte – integrierte Einrichtungen des ÜBBZ – nehmen sich die zahlreichen Mitarbeiter ihrer an. Wichtiger Bestandteil der heilpädagogischen Arbeit ist dabei auch die Elterntherapie, denn die Situation der Kinder betrifft die ganze Familie und umgekehrt.
Sofort in die Praxis umsetzen
Die zentralen Einrichtungen des ÜBBZ sind in einem umfangreichen Komplex im Würzburger Stadtteil Zellerau untergebracht, der sich von der Frankfurter Straße bis zur Friedrichstraße zieht. Und mittendrin befindet sich das Heilpädagogische Seminar. Hier werden die Menschen ausgebildet, die sich künftig um die Kinder kümmern. So können – und müssen – die späteren Heilpädagogen ihre theoretischen und methodischen Kenntnisse sofort in die Praxis umsetzen. Einrichtungen wie Turnhalle, Ring- und Raufraum, Spielzimmer, Lernzimmer oder Werkzimmer bieten ihnen verschiedene Handlungsräume und Ansatzpunkte, um einen tragfähigen Bezug zum Kind herzustellen. Im Projekt „Der Heilpädagogisch gestaltete Raum“ gehen die Seminaristinnen auch hinaus ins Umland und gestalten Kindergärten und -heime, Jugendzentren oder Freizeitheime, Klinikräume oder Schulen, um sie besser für die Heilpädagogik nutzen zu können.
Zweijährige Ausbildung
Die Ausbildungsgruppe der zwei Jahre dauernden Vollzeitausbildung besteht hauptsächlich aus Frauen. „Das liegt am Grundberuf Erzieher, der meist weiblich besetzt ist“, erklärt Dr. Albert Müller. Nur wer bereits eine solche Ausbildung und dazu profunde Berufserfahrung vorweisen kann, wird in die heilpädagogische Weiterbildung aufgenommen. Die Plätze für den Kurs 2006/2008 sind bereits vergeben. Die heilpädagogische Ausbildung vermittelt neben Wissens- und Methodenkompetenz vor allem Persönlichkeitskompetenz. Die Studierenden bekommen Hilfestellungen, um sich selber besser zu verstehen. Mit den eigenen Problemen umgehen lernen und seine eigenen Stärken kennen, ist eine wichtige Voraussetzung, um anderen Hilfestellung zu geben.
Ein Ärgernis freilich sei die angesichts ihrer hohen Kompetenz nicht angemessene Bezahlung der Heilpädagogen, kritisiert der Seminarleiter. Bereits die Grundberufe sind seiner Meinung nach unzureichend entlohnt. Dass viele Absolventen trotzdem ein gutes Gehalt vorweisen könnten, liege nur daran, dass sie in entsprechenden Funktionsstellen arbeiteten. Die Entlohnung des „Staatlich anerkannten Heilpädagogen“ indes sei zwischen Erzieher und Sozialpädagoge angesiedelt – zuwenig für die intensive Ausbildung, die die Absolventen durch Schulgeld auch noch selbst mitfinanzieren müssen.
Bald ein FH-Studiengang?
Wie sieht die Zukunft des Heilpädagogischen Seminars aus? „Europa steht vor der Tür, und generell strebt die Ausbildung an die Fachhochschule (FH)“, erläutert Müller. Das bedeute entweder, das Verschwinden dieser Bildungsebene, da Erzieher und Heilpädagogen zukünftig grundständig an der Fachhochschule ausgebildet werden, oder die Anerkennung der Fachakademie-Module für einen FH-Studiengang. Der Seminarleiter wünscht sich Letzteres: „Denn die Situation der Theorie-Praxisvernetzung innerhalb unserer Ausbildung im ÜBBZ Würzburg ist einmalig. Und wir kämpfen dafür, dass diese bewährte Form der Fachakademie eingebunden wird in die europäische Modularisierung der Heilpädagogenausbildung an der FH.“ Daher müssten die Fachakademien bildungspolitisch anerkannt und in der Gesellschaft stärker gewürdigt werden. „Denn das hervorragende Verhältnis von Dozenten und Studierenden von 1 zu 1 in der Praxisausbildung – wo bitte gibt’s das sonst noch?“
Das Benefizkonzert mit der Gesangsgruppe „Femina musica“ am 24. März 2006 findet in der Erasmus-Neustetter-Halle in Rottendorf zugunsten des Projektes „Kultur für Kids“ statt. Kartenvorverkauf: Fachakademie (Telefon 0931/41904-71), SkF-Geschäftsstelle (Telefon 0931/41904-0).
Entwicklung
1962: Rahmenrichtlinien der Arbeitsgemeinschaft für Erziehungshilfe für eine heilpädagogische Zusatzausbildung.
1966: Beginn der einjährigen Ausbildung mit einem Proseminar für Erzieher.
1980: Beginn der zweijährigen Vollzeitausbildung zum staatlich anerkannten Heilpädagogen in Würzburg: Fachakademie für Heilpädagogik.
1996 bis 2006: Regelmäßige jährliche Weiterbildungsangebote für Absolventinnen.
Heilpädagogisches Seminar, Frankfurter Straße 24,
97082 Würzburg, Telefon 0931/41904-71.