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Seit 160 Jahren ist das Elisabethen-Heim, dessen Schwestern alteingesessene Würzburger liebevoll „die Liseli“ nennen, eine echte Würzburger Institution. Aus der ehemaligen „Rettungsanstalt“ ist heute ein Sozialdienstleister mit einem facettenreichen Angebot geworden, in dem sich Alt und Jung ganz selbstverständlich begegnen. Rund 390 Kinder, 40 Senioren, vier Ordensschwestern und etwa 100 Mitarbeiter leben und arbeiten derzeit in dem dreiflügeligen Bau in der Würzburger Bohnesmühlgasse zusammen und lassen das gemeinsame Motto „Alle unter einem Dach“ lebendig werden.
Steter Wandel
Nach dem Vorbild der von Männern gegründeten Vinzenzvereine schlossen sich im April 1853 Würzburger Frauen aus Aristokratie, Beamten- und Bürgerstand zur Gründung eines Elisabethenvereins zusammen. Konkrete Anliegen waren, ein „Rettungshaus“ für in Not geratene katholische Mädchen zu eröffnen, ambulante Krankenpflege zu betreiben und Hilfsbedürftige zu unterstützen. Zu diesem Zweck erwarben die Vereinsdamen 1854 ein Haus in der Würzburger Bibrastraße, Schwestern aus Niederbronn im Elsass übernahmen die Betreuung. Da die Zahl der zu betreuenden Mädchen rasant wuchs, expandierte man zunächst in ein Haus in der Kettengasse.
Zugleich war der Status der aus Frankreich stammenden Schwestern bis dato ungeklärt; deshalb gründeten diese 1866 die Kongregation der Würzburger Erlöserschwestern, die sich dann verstärkt der Krankenpflege zuwandten. Daraufhin erwarb der Verein mit Hilfe großzügiger Spender ein Haus in der Bohnesmühlgasse, in das die „Rettungsanstalt“ 1867 einzog; wenig später übernahmen die Maria-Stern-Schwestern aus Augsburg die Betreuung des Hauses.
Was nun folgte, war eine stete Anpassung an die Bedürfnisse der jeweiligen Zeit: 1859 wurde eine Volksschule eröffnet, 1880 kamen eine Kinderbewahranstalt und eine Nähschule dazu, 1913 zogen die ersten Pensionärinnen mit Wohnrecht auf Lebenszeit ein, 1920 entstand ein Handarbeitslehrerinnen-Seminar.
Da die Kinderzahl weiter zunahm, wurde das Haus in den Jahren 1933 bis 1935 stark erweitert. Zugleich nannte sich die ehemalige Rettungsanstalt nunmehr „Elisabethenheim“, denn das Haus wollte vor allem „Heimat“ sein. In der Bombennacht vom 16. März 1945 wurde das Gebäude nur durch den waghalsigen Einsatz der Ordensschwestern vor der Zerstörung bewahrt. In den Nachkriegsmonaten wandten sich rund 40000 Hilfesuchende an die „Liseli“ und erbaten Essen und Unterkunft. Die Hauskapelle diente bis 1950 als Pleicher Pfarrkirche und wurde zur Geburtsstätte der CSU in Bayern, deren Erstgründung im Oktober 1945 hier erfolgte. Bedingt durch einen Rückgang der Mädchenzahlen nahm man ab 1957 auch externe Mädchen in die Heimvolksschule auf, 1972 öffnete man diese auch für Jungen.
Herz, Kopf und Hand
Bis auf den heutigen Tag richtet man die Angebotspalette stets am Bedarf der Zeit aus. Heute beherbergt das Elisabethen-Heim Kinderkrippe, Kindergarten, Vorschule, Schule, Hort, Internat sowie ein Alten- und Pflegeheim und vereint somit verschiedene Generationen unter einem Dach. „Unser Anliegen ist es, den Grundauftrag der heiligen Elisabeth zu erfüllen und die Menschen froh zu machen“ so Geschäftsführer Simon C. Kuttenkeuler, der die drei beteiligten Träger „Elisabethen-Heim Würzburg e. V“, Bistum Würzburg und Caritas unter einen Hut bringt.
„Im Mittelpunkt aller Anstrengungen steht für uns, dass sich die Menschen – ganz egal ob jung oder alt – bei uns wohlfühlen“, betont er. Bei der täglichen Arbeit orientiere man sich deshalb in erster Linie am christlichen Menschenbild und am Werteverständnis des Evangeliums. Soziale und religiöse Erziehung sollen Hand in Hand gehen und für ein „tolerantes und offenes Miteinander“ sorgen. Gemeinsam mit den Eltern will man in Krippe, Vorschule, Kindergarten, Hort und Internat gleichermaßen für eine gute Entwicklung der Kinder sorgen, sie begleiten und „Herz, Kopf und Hand ansprechen und bilden“. Die Senioren wiederum sollen ihren Lebensabend in Würde und mitten im Leben genießen können.
Die Umsetzung des von der heiligen Elisabeth inspirierten Grundauftrags beginnt bereits in den fünf Krippengruppen, wo Kinder im Alter von 10 Monaten bis zum Kindergarteneintritt betreut werden. Zwei Gruppen befinden sich im Haus, eine weitere auf dem Juliusspital-Gelände; seit Anfang Juli firmieren auch die beiden Krippengruppen der Kirchenstiftung Stift Haug unter dem Namen „ElisabethenHeim“. Den Ganztageskindergarten, der im Sinne der Einzelintegration auch behinderte Kinder aufnimmt, besuchen Kinder ab dem zweiten Lebensjahr. Die ältesten unter ihnen gehen in die altershomogene Vorschulgruppe, die mit Hilfe von Paten aus dem Hort erste Kontakte zur im Haus befindlichen Privaten Katholischen Volksschule knüpft.
Lebenswelt Schule
Die Schule wiederum bezeichnet Geschäftsführer Kuttenkeuler als „Besonderheit in der bayerischen Schullandschaft“. Die staatlich anerkannte Grund- und Teilhauptschule (1. bis 6. Klasse) unter Trägerschaft der Diözese Würzburg legt neben der Wissensvermittlung einen bewussten Schwerpunkt auf die Einübung sozialer Werte. Damit „im gesamten Schulleben etwas von Elisabeths tätiger Nächstenliebe und menschlicher Zuwendung spürbar wird“, hat man vor einigen Jahren einen musikpädagogischen und einen schulpastoralen Zweig eingerichtet, die von der Diözese Würzburg finanziert und an vier Tagen pro Woche organisch in den Unterricht integriert werden. Im musikalischen Bereich arbeiten Musikpädagogen von der Dommusik mit den Schülern an und mit der eigenen Stimme. „Das trägt zur Persönlichkeitsbildung bei und stärkt die Sozialkompetenz“, so Kuttenkeuler.
Das schulpastrorale Angebot will die Schüler in der „Lebenswelt Schule“ unterstützen, zu einem guten Miteinander beitragen, christlich-soziales Handeln einüben und verdeutlichen, dass „Glaube zum Leben hilft und Leben aus dem Glauben Leben stärkt“, so Religionslehrer Mario Wald. Ausgehend von der Frage, was die Schüler jenseits von Noten und Stundenplan brauchen, hat er ein Wochenprogramm entwickelt, das meditative Elemente ebenso einschließt wie Bewegungseinheiten, das Einüben sozialen Miteinanders sowie die Feier christlicher Feste im Jahreskreis.
Abgerundet wird das umfassende Kinderbetreuungsangebot durch den hauseigenen Hort für Kinder im Alter von sechs bis 14 Jahren sowie die Internatsgruppe, in der zehn Kinder in einer familienähnlichen Struktur zusammenleben.
Tür an Tür mit den 390 Kindern in Schule und Kindertagesstätte leben 40 Senioren sowie vier Schwestern der Kongregation der „Franziskanerinnen von Maria Stern“ (Augsburg). Die Ordensfrauen unter der Leitung von Oberin Jolanda Scheubner sehen ihren Auftrag darin, den Alltag mit Gebet und Arbeit zu gestalten und sich in allen Bereichen des Elisabethen-Heims zu engagieren. Über 140 Jahre hinweg haben die Schwestern das Haus mit viel Herzblut geleitet, heute betreuen sie noch die Internatsgruppe, helfen in Altenheim und Seelsorge mit und erfüllen zahllose Hausdienste.
„Ohne das Haus verlassen zu müssen, kommen bei uns verschiedenste Generationen ganz selbstverständlich miteinander in Kontakt und erleben so die Freuden und Sorgen des anderen hautnah mit“, beschreibt Simon Kuttenkeuler den Alltag im ElisabethenHeim. In der großen Pause um halb zehn beobachten die Senioren das bunte Treiben auf dem Schulhof und kommen mit Schülern ins Gespräch, die ihre Enkel sein könnten. Im dritten Stock macht Schwester Pia mit den Internatskindern Hausaufgaben und vermittelt ihnen so Geborgenheit und Fürsorge. Nachmittags spielen Krippenkinder im Sand, während nebenan die Großen Fußball spielen.
Kinder halten jung
Darüber hinaus gibt es unter dem Hausmotto „Alle unter einem Dach“ immer wieder gezielte Kooperationen und Gemeinschaftsaktionen wie Geburtstags- und Weihnachtssingen, Vorlesestunden, Dreikönigsbesuche oder gemeinsame Feste. Besondere Ereignisse für Jung und Alt sind auch die Rollstuhlfahrerausflüge, bei denen Schüler aus dem Hort Bewohner des Alten- und Pflegeheims durch die Würzburger Innenstadt schieben. Die Senioren, die sich das ElisabethenHeim gezielt aussuchen, weil sie hier Tür an Tür mit jungen Menschen leben, genießen die gemeinsamen Stunden aus vollen Zügen.
Elisabeth Aust zum Beispiel geht trotz ihrer 91 Jahre jedes Mal gerne mit, denn „Kinder halten jung und lebendig“ lacht sie und berichtet, wie sie sich bereits morgens im Bett über „das Jubilieren und Schnattern der Kinder“ im Haus freut. Die Jugendlichen wiederum beteiligen sich gerne an Aktionen wie diesen. „Die alten Leute kommen doch fast nie raus“, begründen Deniz, Scott und Jolina ihr Engagement. „Wenn wir sie mal durch die Stadt schieben, tun wir ihnen einfach was Gutes und sorgen für etwas Abwechslung“, sind sie überzeugt. Ganz ähnlich sehen es auch Lucas und Sarah: „Der Ausflug macht Spaß und ist selbstverständlich – schließlich gehören wir im ElisabethenHeim alle zusammen!“
Anja Legge