KARLSTADT. 100 Jahre alt wäre der einstige Karlstadter Pfarrer Paul Steinert am 2. Oktober geworden. 51 Jahre hat der gebürtige Würzburger in Karlstadt als Seelsorger gewirkt und wie kaum ein Pfarrer davor und danach die Gemeinde geprägt. Das Jubiläum nahm die Pfarrgemeinde nun zum Anlass, dem charismatischen Pries ter eine kleine Ausstellung in der Pfarrkirche zu widmen, die bis zum 1. November während der Öffnungszeiten jeweils von 8 bis 18 Uhr und bei Abendandachten noch etwas länger besichtigt werden kann.
Bescheidenheit hat Steinert (geboren am 2. Oktober in Würzburg und gestorben am 19. August 1998 in Lohr), Zeit seines Lebens ausgezeichnet, das ihn vor allem während des Zweiten Weltkriegs mit Erlebnissen erschütterte, die ihn bis ins hohe Alter verfolgten. Der Weg des jungen Jesuitenstudenten führte über Waldaschaff, Aschaffenburg, Würzburg nach Bad Kissingen und schließlich im Zweiten Weltkrieg nach Frankreich.
Franziskus von Fresnes
Dort begleitete er im berüchtigten Zuchthaus Paris-Fresnes viele Menschen auf ihrem letzten Weg, schmuggelte von Gefangenen Briefe raus und Essen rein. Deshalb nannten ihn viele „Franziskus von Fresnes“ und verehrten ihn auch nach den schrecklichen Jahren. Selbst der englische Premierminister Winston Churchill dankte ihm persönlich in einem Brief, dass er seinem Neffen Peter während der Gefangenschaft geistlichen Beistand geleistet hatte. Captain Peter Churchill sandte dem Karlstadter Priester sein 1954 veröffentlichtes Buch „The spirit of the cage“, in dem auch Steinert vorkommt und versah es mit einer persönlichen Widmung für „Père Paul“. Am 15. Oktober 1947 rollte Steinert mit seinem Motorrad in Karlstadt ein, später war ein roter Manta sein Markenzeichen. Der neue Priester, der in die Fußstapfen des späteren Bischofs Josef Stangl trat, war ein Mann mit Ecken und Kanten, der nie aus dem Kirchendienst ausscheiden wollte, weil er seine Schäfchen liebte, aber auch von der Kanzel laut wettern konnte. Seelsorger und Elektriker
Bei der Eröffnung der Ausstellung erinnerten sich Manfred Goldkuhle, der als langjähriger Pfarrgemeinderat und Organist eng mit Steinert zusammengearbeitet hatte ebenso wie Gustav Eichler vom Historischen Verein und Georg Büttner, der die Ausstellung zusammengetragen hat, an den verschmitzten Pfarrer mit seinen gütigen Augen hinter der Brille. Er war nicht nur Seelsorger, sondern auch der Elektriker der Pfarrkirche, technisch versiert und der Baumeister, der den Kirchturmabriss und -wiederaufbau ebenso lenkte wie den Neubau des Pfarrheims, dessen Dach derzeit saniert und zudem um eine Kaplanswohnung ergänzt wird. Steinert veranlasste die Gründung der zweiten Pfarrei Heilige Familie in der Karlstadter Siedlung mit, ließ einen Brunnen mit einer Madonnenfigur auf den Kirchplatz stellen. Sein soziales Wirken schlägt sich unter anderem nieder in der Gründung der Caritas-Sozialstation. Eigentlich hatte Steinert Pfarrer in seinem Karlstadt bis zum Lebensende bleiben wollen, musste dann aber doch die Stelle nach über fünf Jahrzehnten abgeben. Eine überregionale Zeitung zitierte ihn zu seinem Abschied im April 1996 aus dem seelsorgerischen Dienst damals, dass er „gegangen worden ist“.