WÜRZBURG. In T-Shirt-Outfit und mit Rucksack beladen tappen Menschen durch die Gänge des Doms. Manche bleiben stehen, um zu fotografieren. In einigen Bankreihen nehmen Menschen Platz, die nicht wie Touristen aussehen. Mit dem Zwölf-Uhr-Läuten strömen noch mehr Menschen in den Dom. Fünf Minuten später ertönt aus den Lautsprechern überall im Kirchenraum die Stimme eines Mannes: „Liebe Besucherinnen und Besucher des Doms, liebe Schwestern und Brüder ...“
Mit der Begrüßung durch Dompfarrer Dr. Jürgen Vorndran haben am 14. April wieder die Mittagsmeditationen „5 nach 12“ begonnen. Bis Oktober werden sie werktags von 12.05 bis 12.20 Uhr im Würzburger Kiliansdom angeboten. Initiatorin der Meditationen, die es in Würzburg inzwischen seit 1999 gibt, ist die Geschäftsführerin des Würzburger Diözesanbüros, Margit Rotter. Den Mittagstermin habe man bewusst gewählt, um auch bestimmten Zielgruppen die Teilnahme zu ermöglichen: etwa Touristengruppen, die durch die Fußgängerzone bummeln, oder Angestellten, die gerade Mittagspause einlegen, erläutert Rotter im Gespräch mit dem Sonntagsblatt.
„Niederschwelliges Angebot“
Aus der hektischen Zeit ausbrechen und inne halten, darum gehe es bei „5 nach 12 im Dom“, sagt sie. „Zu uns selbst und zu Gott kommen“ –dazu hatte auch Pfarrer Vorndran die Anwesenden bei seiner Begrüßung im Dom eingeladen. Gerade in der heutigen Zeit sei es wichtig, Menschen mit einem „niederschwelligen“ kirchlichen Angebot, mit einer passantengerechten Form religiös anzusprechen und die Kirche mitten im Leben präsent zu machen, erklärt Rotter. Dompfarrer Vorndran ergänzt diese Aussage mit den Worten des Jesuitenpaters Medard Kehl: „Die Zeit braucht Impulse, kurze inhaltsreiche Impulse.“ Dabei sehe er es als seine „ureigenste Aufgabe als Seelsorger, Menschen im Vorbeigehen abzuholen und weiterzuführen.“ Da die Meditation den christlichen Geist verkünde, sei sie auch Teil der Verkündigung, betont er. Dem Meditationstext schließt sich ein fünfminütiges Orgelspiel an. Zeit, um über das Gehörte nachzudenken.
Treue Fans kommen täglich
Im Schnitt hörten täglich zwischen 30 und 300 Menschen die Meditation. In den Monaten Mai, Juni und September sei Hochsaison, erzählt die Initiatorin. Einige treue Fans kämen fast jeden Tag. Der Großteil der Zuhörer seien aber Touristen. So zum Beispiel ein Ehepaar aus Schweden, das zum diesjährigen Start der Meditationen ganz zufällig bei „5 nach 12“ gelandet war. „So etwas gibt es in Schweden nicht“, staunt die Ehefrau auf die Frage, wie es ihr denn gefallen habe.
Unterstützend zum Text sei das Orgelspiel ein wichtiges Element der „5 nach 12“-Meditation, weil es den Menschen zusätzlich in die Tiefe führe, sagen Rotter und Vorndran. Deshalb sei es eine große Leistung von den Organisten, jeden Tag bei der Meditation zu spielen, zu improvisieren und dem Text nochmals Ausdruck zu verleihen. Zu den Organisten zählen Domorganist Professor Stefan Schmidt, sein Vorgänger Paul Damjakob und Elmar Meckel. „Das Orgelspiel und die Worte haben mir sehr gut gefallen“, sagt eine Frau aus dem Maintauberkreis zur Meditation. Zuvor sei sie bummeln gewesen und nun zum Abschalten bewusst zur Meditation in den Dom gekommen. Und jetzt wieder hinaus in die Mittagshektik? „So ist das Leben“, sagt sie und lächelt. Für den langen Zeitraum zwischen April und Oktober braucht es genügend Mitarbeiter. Aktuell wechseln sich 40 Frauen und Männer, zumeist Priester, Ordensleute, Pastoralreferenten und Diakone bei den Meditationen ab. Bis heute sei das Team ökumenisch geprägt, berichtet Rotter. So seien acht protestantische Seelsorger von Anfang an mit dabei. Nach Ansicht des Dompfarrers müsse „5 nach 12“ auch ökumenisch sein, weil der Dom bei der Meditation als geistlicher Ort erlebt werde. „Was wir gemeinsam tun können, müssen wir gemeinsam tun“, sagt er. Zum ersten Mal selbst miterlebt und kennengelernt habe sie die Meditation in ihrer früheren Lebens- und Arbeitsstätte Freiburg, erzählt Rotter. Dort hätten im Freiburger Münster täglich Franziskanerinnen eine Meditation gehalten. Bevor in Würzburg „5 nach 12“ eingeführt worden sei, habe es von Ostern bis Allerheiligen vor der Domführung immer den „Engel des Herrn“ gegeben. Nach mehreren Gesprächen unter anderem mit dem damaligen Dekan und Dompfarrer Kurt Witzel, der von Anfang an von der Idee der Mittagsmeditation begeistert gewesen sei, habe man ihr für ihr Vorhaben grünes Licht gegeben. So konnte „5 nach 12 im Dom“ im Mai 1999 starten, schildert die Initiatorin die Vorgeschichte.