Begünstigt vom schönsten Wetter und unter allgemeiner Teilnahme der christlichen Gemeinde auch aus dem nahen Würzburg“ […] „fand zu Heidingsfeld die feierliche Einweihung der neu erbauten Kapelle des Klosters ‚Paradies’ statt, das die Armen Schulschwestern seit 14 Tagen bezogen haben, um hier eine Candidatur für Jungfrauen zu errichten, die sich diesem Orden widmen wollen“. Mit diesen Worten berichtete das „Katholische Sonntagsblatt für Stadt und Land“ am 7. Oktober 1855 über das Kloster der Armen Schulschwestern, das auf den Ruinen einer mittelalterlichen Benediktinerinnenabtei errichtet wurde.
Bereits 1237 hatte Bischof Hermann von Lobdeburg ein Kloster im so genannten „Ruggerhof am Apfelgarten“ genehmigt, dem er den ausdrucksstarken Namen „Paradies“ gab. Wenig später zur Abtei erhoben, bestätigte Papst Clemens VI. 1267 die Gründung als „St. Maria de Paradiso“. Während das Kloster nach dem Bauernkrieg noch einmal aufgebaut wurde, konnte es sich nach dem Zweiten Markgräflerkrieg nicht mehr erholen: 1566 verstarb die letzte Äbtissin, die Gebäude verfielen, gelangten in staatliche Hand und beherbergten unter anderem das königliche Forstamt. Erst durch Vermittlung von Martin Theodor Contzen kam das Gelände wieder in klösterlichen Besitz: 1854 erwarben die Armen Schulschwestern das geschichtsträchtige Areal und errichteten vor genau 150 Jahren eine wichtige Filiale ihrer jungen Kongregation.
Die Gründerin der Frauengemeinschaft, Karolina Gerhardinger, wurde am 20. Juni 1797 in Stadtamhof bei Regensburg geboren; sie besuchte die dortige Schule der Notre-Dame-Frauen, die sie zutiefst prägte. Nach der Schließung von Kloster und Schule im Gefolge der Säkularisation bildete der Seelsorger und Pädagoge Dompfarrer Georg Michael Wittmann Karolina zur Volksschullehrerin aus – mit Erfolg: Bereits im zarten Alter von 15 Jahren begann sie zu unterrichten; zugleich reifte in ihr der Wunsch nach einem Leben als Ordensfrau, der 1833 in Erfüllung gehen sollte: Nach intensiven Bemühungen ermöglichte der Hofkaplan der Kaiserin in Wien, Franz Sebastian Job, die Gründung des „Religiösen Vereins der Armen Schulschwestern de Notre Dame“ in seiner oberpfälzischen Heimat Neunburg vorm Wald.
1836 – die ersten Novizinnen
Nach der kirchlichen Bestätigung im Jahr 1834, nahm die Gründerin 1835 den Ordensnamen „Maria Theresia von Jesu“ an, 1836 kamen die ersten Novizinnen. Da man überall vom segensreichen Wirken der Schwestern hörte, gingen schon bald zahlreiche Anfragen ein: Filialen wurden gegründet, Schulen eröffnet und so manches Haus musste wegen der großen Nachfrage gar mit Kandidatinnen besetzt werden. Mit ihrem breitgefächerten Schulspektrum prägten die Schwestern das bayerische Bildungswesen des 19. Jahrhunderts entscheidend mit. Ihre moderne und ganzheitliche Erziehung wurde richtungsweisend und wirkte zugleich der Verarmung entgegen. Nach einer rasanten Verbreitung in Europa wurden sie 1847 nach Übersee gerufen.
In 36 Ländern vertreten
Heute leben und wirken über 4000 Schwestern in 36 Ländern der Erde. Während die „Wiege“ der Gemeinschaft noch heute in Neunburg steht, ist das Mutterhaus der Bayerischen Provinz seit 1843 in München am Anger beheimatet, das Generalat befindet sich in Rom. Keineswegs verändert hat sich dagegen das Charisma der Gemeinschaft: Leben in evangelischer Armut und marianische Haltung sind bereits im Namenszug der „Armen Schulschwestern von Unserer Lieben Frau“ verankert. Trotz aller Kontinuität geben sich die Schwestern auf ihren Internetseiten aber auch weltoffen und sendungsbewusst: So leisten sie Lobbyarbeit für Frauen und Mädchen, zeigen Solidarität mit den Ärmsten, beteiligen sich an Initiativen für Friede und Gerechtigkeit, arbeiten in der UNO als Mitglied der Nicht-Regierungs-Organisation mit und treten für die Bewahrung der Schöpfung ein. Zentrales Anliegen ist und bleibt jedoch der „Dienst der Erziehung, durch den wir junge Menschen zu ihrer vollen Entfaltung als Geschöpf und Abbild Gottes hinführen wollen und sie befähigen, ihre Gaben einzusetzen, um die Erde menschenwürdig zu gestalten“, wie die Würzburger Oberin Bergit Rohe es formuliert.
1963 kam das Ruheheim
So hatten die Armen Schulschwestern auch in Heidingsfeld eine höhere Töchterschule mit Pensionat eröffnet, und 1855 die Mädchen-Elementarschule, 1857 den Handarbeits-Unterricht an der Volksschule, 1858 die Mädchen-Oberklassen und 1859 die „Feiertagsschule“ (Berufsschule) übernommen. Die „Kinderbewahranstalt“ leiteten sie ab 1857 und boten so eine ganzjährige Betreuung für 150 Kinder samt Anbindung an eine Suppenküche; 1859 errichteten sie eine „Rettungsanstalt“ (Waisenhaus) und 1913 eine Haushaltungsschule. Im Laufe der Jahrzehnte deckten die Schulschwestern so fast das gesamte Schulspektrum von Heidingsfeld ab. Einen schweren Einschnitt brachte die Zeit des Nationalsozialismus, als sämtliche Einrichtungen geschlossen wurden. Nach der Zerstörung im Jahr 1945 kam der Neuaufbruch: Die Schwestern übernahmen Rektorat und Unterricht an der Hauptschule, eröffneten den Kindergarten und eine private Handarbeitsschule und boten kaufmännische Kurse an. 1963 machte man sich an einen Neubau – doch in weiser Voraussicht nicht als Schulgebäude, sondern als Ruheheim.
32 Schulschwestern
Heute leben 32 Schulschwestern in Heidingsfeld, von denen viele im Ruhestand sind. Nicht zuletzt aus diesem Grund muss die Hauptaufgabe notgedrungen hintangestellt werden: 2003 schied die letzte Schwester aus dem Schuldienst aus; lediglich der Kindergarten wird noch von Schwester Elisabeth Peter geleitet. Doch auch im Ruhestand wollen und können die Schwestern das Charisma ihrer Gründerin weitertragen. So denkt Schwester Bergit selbst zwar mit ein wenig Wehmut an ihre Schulzeit zurück, ist aber zugleich zutiefst davon überzeugt, dass die Schwestern auch außerhalb der Schule wirken können: Durch ihr Leben in geistlicher Gemeinschaft, ihr Streben nach Einheit – sei es innerhalb der Gemeinschaft oder in der Einheit aller Menschen und der ganzen Schöpfung – und ihre Liebe zum Gebet, die sich im gemeinsamen Stundengebet und Eucharistiefeiern, geistlichen Gesprächen und Schriftgesprächen, Rosenkranzgebeten und Anbetungsstunden niederschlägt. Denn selbst wenn die Schwestern nicht mehr im Unterricht tätig sind, wissen sie doch ganz genau: „Wir erziehen durch alles, was wir sind und tun.“
Tipps und Fakten
Gottesdienste:
Laudes täglich 6.40 Uhr,
Vesper täglich außer Mittwoch 17.40 Uhr.
Eucharistiefeier werktags außer Mittwoch 7 Uhr, Mittwoch 17.30 Uhr, Samstag 7.15 Uhr, Sonntag 8 Uhr.
Anbetungsstunden Donnerstag 8.30 Uhr – 11.30 Uhr.
Gerne können Besucher an der eucharistischen Anbetung am Donnerstag oder den Gottesdiensten teilnehmen. Bitte an der Pforte melden.
Arme Schulschwestern von Unserer Lieben Frau. Klosterstraße 21-23, 97084 Würzburg. Telefon: 0931/61978-0.