Hammelburg (716) ist nach Würzburg (704) die zweitälteste urkundlich erwähnte Stadt Unterfrankens. Das Saalestädtchen, umgeben von zahlreichen Weinbergen und saftigen Wiesen, leuchtenden Mischwäldern und artenreichen Magerwiesen, lockt viele Touristen an. Nicht nur von der nahe gelegenen Autobahn. Auch Wein- und Genussliebhaber der näheren Umgebung schätzen das heimelige Ambiente.
Festreigen
Das 1300-jährige Jubiläum feiert die Stadt Hammelburg mit einem Reigen von Aktionen. Außerdem stehen drei weitere Gedenktage an: das 300-jährige Bestehen der Steinthalkapelle, die 200-jährige Zugehörigkeit zu Bayern und das Gefecht um Hammelburg 1866 im Verlauf des Deutschen Kriegs vor 150 Jahren.
Faszinierend ist, wie viele Hammelburger sich kreativ mit einbringen in den Veranstaltungsreigen. „Das macht mich sehr stolz, man spürt die Identifizierung der Bevölkerung mit dem Jubiläum“, erklärt Bürgermeister Armin Warmuth. 15 Autoren veröffentlichten kürzlich „Hammelburg – Stadt mit Geschichte. Ein Streifzug durch zwei Jahrhunderte“. Drei Jahre lang wälzten sie Archive, fanden neue Fakten und Daten beispielsweise zum verheerenden Stadtbrand 1854, zu Vereinen, zur Gebietsreform, zu Militär und Wein oder zum Gaststättenwesen. Entstanden ist ein lebendiges Heimatgeschichtenbuch mit unterhaltsamen Anekdoten. 1952 soll Johannes Heesters mit einem Cabrio durch die Stadt gefahren sein und sich in einer Milchbar erfrischt haben.
Jubiläumslogo
Ein eigens kreiertes Jubiläums-Logo ziert den Jubiläums-Stadtwein, ein Silvaner Spätlese Kabinett, das Briefpapier der Stadt oder die leckere „fairführerische-Jubiläumsschokolade“ des Weltladens. Es gründete sich ein KUNSTVEREINt, der Werke heimischer Kunstschaffender ausstellen wird. Ein Kunstpostaufruf zum Thema Bocksbeutel wurde gestartet und die Einsendungen aus aller Welt werden präsentiert in einer „Mail-Art“-Ausstellung. Mit einer Postkartenaktion schaffte es eine Hammelburgerin „1300-Ja-Stimmen zu Hammelburg“ zu sammeln, die in einem Buch veröffentlicht werden. Konzerte, Führungen, der große Festakt im April und das Jubiläums-Stadtfest im Juni tauchen erfrischend in die 1300-jährige Historie ein und machen sie lebendig.
So viel Einigkeit herrscht heute in dem Saalestädtchen, das jahrhundertelang ein Zankapfel war. Denn kirchenrechtlich gehörte es dem neu gegründeten Bistum Würzburg seit der Schenkung der einstigen Martinskirche durch Karlmann 741. Besitzrechtlich jedoch der Abtei Fulda durch die Schenkung von Karl dem Großen vom 7. Januar 777. Glücklicherweise erwähnte Karl der Große auch die „vineae“ (Weinberge). Deshalb darf sich Hammelburg „älteste Weinstadt Frankens“ nennen.
Ort des Messweins
Viele Jahrhunderte währte der Streit zwischen den katholischen Glaubensbrüdern. Weil der Bedarf an Messwein groß war, förderten ab dem Mittelalter vor allem Kirchen und Klöster den Weinanbau. Die fuldischen Fürstäbte bezogen für ihren gesamten Bereich den Messwein aus Hammelburg. Das weckte Begehrlichkeiten bei den Würzburgern. Im zwölften Jahrhundert erbauten die fuldischen Fürstäbte darum zum Schutz die Burg Saaleck als Amtssitz und Weingut aus. Sie errichteten einen Stadtmauerring mit elf Wehr- und drei Tortürmen. Mit der Verleihung des Markt- und Münzrechtes ging es weiter aufwärts mit der Stadtentwicklung. Die fuldaische Zeit Hammelburgs, das 1303 von König Albrecht die Stadtrechte verliehen bekam, stand für Wachstum und Wohlstand.
Sommerresidenz
Architektonische Zeugen des Wohlstands waren der Bau der gotischen Pfarrkirche St. Johannes ab dem 14. Jahrhundert. Die Errichtung des Rathauses und Marktbrunnens im Renaissance-Stil nach Plänen von Johannes Schoner (der den 1000-Mark-Schein zierte) im 16. Jahrhundert. Und nicht zuletzt das malerische Rote Schloss. Als barocke Sommerresidenz erbaute es der Fürstabt Adolf von Dalberg im 18. Jahrhundert nach Plänen des italienischen Baumeisters Andrea Gallasini. Verheerend für Hammelburg war der große Stadtbrand 1854. Ihm fielen wertvolle Bauten zum Opfer wie größtenteils das Rathaus, die Stadtmauer und Türme und große Teile der Stadtchronik. Doch aus der Asche erstand das heutige Städtchen, das sich zum Jubiläum rausgeputzt hat. Neben dem pittoresken Marktplatz wird der Viehmarkt gerade renoviert und in den nächsten Wochen eingeweiht. Dort stand früher die Marienkirche, die in das Hin und Her zwischen den beiden Residenzstädten Fulda und Würzburg mit verwoben war. Zum Glück für das Saalestädtchen – aus heutiger Sicht betrachtet.
Angelika Silberbach