Liebe Leserinnen und Leser,
wir sind in diesem Heiligen Jahr 2025 aufgerufen, sichtbare Hoffnungszeichen zu setzen. Das tun wir in der Kirche, wenn wir als „Pilger der Hoffnung“ neue Wege zur Begegnung mit Jesus Christus suchen. Aber auch Staat und Gesellschaft benötigen solche Zeichen von uns Christinnen und Christen. Soziale und wirtschaftliche Herausforderungen, die weltpolitische Lage und nicht zuletzt das angespannte gesellschaftliche Klima fordern uns auf, Position zu beziehen. In der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 drücken wir diese im Kreuz auf dem Wahlzettel aus.
Auch viele Christinnen und Christen ringen angesichts der komplexen politischen Herausforderungen um Orientierung. Zu fast allen Fragen der Politik lassen sich widerstreitende Argumente finden, die jeweils schlüssig und belastbar scheinen. Und zugleich wachsen Zahl und Intensität der ungelösten politischen Probleme jeden Tag: Kriege in der Ukraine und im Heiligen Land, steigende Lebenshaltungskosten und der Verlust von Arbeitsplätzen, die Klimakrise oder die Frage nach dem Umgang mit der Migration in Deutschland.
Menschenwürde gilt für alle
Zu keiner dieser Fragen gibt es einfache Antworten. Gerade deshalb ist es wichtig, auf das zu setzen, was uns trotz der Auseinandersetzung in politischen Fragen doch verbindet. Die ökumenische Initiative „Für alle. Mit Herz und Verstand“ ruft uns dazu drei Grundbegriffe ins Gedächtnis: Menschenwürde, Nächstenliebe und Zusammenhalt.
Eine gewissenhafte Wahlentscheidung muss sich auch an diesen Begriffen messen lassen. Denn viele einfache Antworten auf die schwierigen Fragen unserer Zeit übergehen genau diese Werte, oder stellen sie sogar in Frage. Doch wer die Allgemeingültigkeit der Menschenwürde in Frage stellt, wer Nächstenliebe als Schwäche darstellt, wer den gesellschaftlichen Zusammenhalt aufkündigt, macht es sich zu einfach.
Der besorgniserregende Aufschwung extremistischer Positionen basiert auf solchen Angriffen gegen die Grundwerte unserer Gesellschaft. Dagegen müssen wir als Christinnen und Christen Position beziehen. Denn nur ein Staat, der die Würde jedes Menschen achtet und den Zusammenhalt fördert, ist mit einem christlichen Menschen- und Gesellschaftsbild vereinbar. Politische Positionen, die unsere freiheitliche, demokratische Ordnung eingrenzen und angreifen, sind darum aus christlicher Sicht nicht zu teilen. Auch für die Bundestagswahl gilt: Nicht jede Wahloption ist eine für Christen wählbare Option!
Friedfertiges Miteinander
Orientierten wir uns daher in der Gestaltung unseres politischen Lebens an den Werten, die unserem demokratischen Staat eingeschrieben sind. Setzen wir uns ein für eine Gesellschaft, die Platz und Zukunft für alle bietet. Zeigen wir uns solidarisch mit den Menschen in unserer nächsten Umgebung ebenso wie mit Menschen auf der ganzen Welt, die unsere Nähe erbitten. Und leisten wir unseren Beitrag für ein verständnisvolles, friedfertiges Miteinander, das sich nicht in Hass und Spaltung verliert.
Wenn wir das beherzigen, werden wir auch im Wahljahr 2025 dem Motto des Heiligen Jahres gerecht. Setzen wir als Christinnen und Christen ein Zeichen der Hoffnung für unsere Gesellschaft!
Ihr Dr. Franz Jung,Bischof von Würzburg