Selbst die Vatikan-Zeitung ist jünger: Während „L’Osservatore Romano“ (italienisch: „Der Römische Beobachter“), die Zeitung des „Heiligen Stuhls“, 1861 gegründet wurde, besteht das Würzburger katholische Sonntagsblatt bereits seit dem Jahr 1850. Damit ist es nach dem „Pilger“ in Speyer (gegründet 1848) die zweitälteste noch bestehende Kirchenzeitung in Deutschland. Auch die meisten Tageszeitungen sind jünger. Mit einer Auflage von rund 13.000 Exemplaren gehört sie zu den sieben meistgelesenen Kirchenmagazinen in den 27 deutschen Bistümern. Gemessen an der Zahl der Katholiken rangiert das Sonntagsblatt sogar unter den Top 5: Auf 1000 Katholiken im Bistum Würzburg kommen aktuell im Schnitt rund 20 Abonnements.
Die Gründung des Sonntagsblatts fällt in eine Zeit des Umbruchs: Durch die Säkularisation von 1803 ging die Verbindung von geistlicher und weltlicher Macht in der Hand der Fürstbischöfe unter. Das Hochstift Würzburg als geistlicher Staat wurde aufgelöst, das Bistum blieb allerdings bestehen. Bereits 20 Jahre später, an Ostern 1822, gründet der aus Nordheim vor der Rhön stammende Priester Franz Georg Benkert eine erste katholische Publikation in Würzburg, den „Religionsfreund für Katholiken“.
Vorgänger-Zeitungen im Bistum Würzburg
Benkert war ab 1821 Subregens, ab 1832 Regens des Würzburger Priesterseminars. 1835 benannte er die Zeitschrift in „Allgemeiner Religions- und Kirchenfreund“ um. In der Zeitschrift orientierte sich Benkert an der Zeitschrift „Der Katholik“, die der spätere Bischof von Straßburg, Andreas Räß, und der spätere Bischof von Speyer, Nikolaus Weis, 1821 in Mainz gegründet hatten. Bis 1836 ist Benkert Alleinredakteur, 1838 übernehmen der Religionslehrer Georg Joseph Saffenreuther und Domkaplan Franz Xaver Himmelstein. 1847 wird das Blatt offenbar eingestellt.
Von 1829 bis 1837 gab es zudem die „Aschaffenburger Katholische Kirchenzeitung“. Gründer und Chefredakteur war der katholisch-monarchistische Publizist Johann Baptist von Pfeilschifter. Abgelöst wird die Aschaffenburger Katholische Kirchenzeitung durch den „Herold des Glaubens“, der allerdings auch nur bis 1843 erscheint.
Stürmisch ging es im Revolutionsjahr 1848 in ganz Deutschland zu, auch in der katholischen Kirche: Knapp 50 Jahre nach der Säkularisation fand im Oktober 1848 die erste Generalversammlung der katholischen Vereine Deutschlands in Mainz statt. Sie gilt als erster deutscher Katholikentag. Vom 22. Oktober bis zum 26. November 1848 tagten die deutschen Bischöfe erstmals in der deutschen Kirchengeschichte als „Versammlung der deutschen Bischöfe“ in Würzburg.
Bistumsblätter angeregt
Anlass waren damals die politischen Umwälzungen, die Revolutionen von 1830 und 1848, die Paulskirchenbeschlüsse in Frankfurt sowie die sich zunehmend gründenden kirchlichen Laienvereine. Würzburger Bischof war damals Georg Anton Stahl (1840 bis 1870). Um die Bedeutung der katholischen Kirche in der Gesellschaft zu stärken, regen Geistliche in ganz Deutschland die Gründung von regionalen Kirchenzeitungen an. Von diesen Aufrufen ließ sich der Priester Johann Baptist Geiger inspirieren. Geiger wurde 1817 in Aschaffenburg geboren, 1844 weihte ihn Bischof Stahl zum Priester. Er war Lehrer an den Lateinschulen in Neustadt/Saale und Hammelburg, danach „Studienlehramts- und Benefiziumsverweser“ in Haßfurt.
Ankündigung bereits 1849
Am Sonntag, 2. Dezember 1849, brachte er eine so genannte Nullnummer, also einen Vorgeschmack auf das „Katholische Sonntags-Blatt für Stadt und Land“ heraus. Darin kündigt er ein vierseitiges Wochenblatt an mit frommen Gedichten, Betrachtungen zum Sonntag und zu Kirchenfesten, Artikeln zu Glaubens- und Sittenfragen, Erzählungen und kirchlichen Nachrichten aus dem In- und Ausland.
Wie angekündigt, erscheint am Sonntag, 6. Januar 1850, das erste reguläre Heft. Auf der Titelseite (siehe Seite 25) des Katholischen Sonntagsblatts für Stadt und Land heißt es: „Zweck desselben ist: Mitwirkung zur Neubelebung christlicher Gesinnung und Gesittung im Volke durch religiöse Belehrungen, erbauende Erzählungen und interessante kirchliche Mittheilungen. So soll es eine angemessene, lehrreiche und nützliche Sonntagslektüre für jede christliche Familie werden.“ Der Preis beträgt 21 Kreuzer vierteljährlich.
In der Rubrik „Prophezeiungen“ schreibt Geiger: „Das Jahr 1850 wird wieder sehr fruchtbar sein an menschlichem Unverstand und vielfacher Thorheit, obschon es die Menschen nicht einsehen wollen; und von Hohen und Niederen werden so viele dumme Streiche gemacht werden, dass, hätte man für jeden einen Silbergroschen, man den Dom zu Cöln fertig bauen könnte.“
Inhaltlich arbeitet Priester und Redakteur Johann Baptist Geiger eng mit dem 1848 gegründeten „Christlichen Pilger“ in Speyer zusammen. Nach 175 Jahren schließt sich hier ein Kreis: Ab April 2025 beteiligt sich der „Pilger“ an der Kooperation Bistumspresse. Das Würzburger katholische Sonntagsblatt und der Pilger teilen sich also bald Inhalte und produzieren ihre Magazine in einem gemeinsamen Redaktionssystem.
Geiger kommt immer wieder in Konflikt mit staatlichen Autoritäten. Zu Kiliani 1853 wird sogar eine Ausgabe beschlagnahmt. 1854 wechselt Geiger nach Aschaffenburg und verlegt auch den Druck des Sonntagsblattes von der Würzburger Druckerei C.A. Zürn zur Druckerei Hembt nach Aschaffenburg. 1855 verlässt Geiger die Diözese Würzburg, um in Altötting dem Redemptoristen-Orden beizutreten.
Zurück nach Würzburg
Pfarrer Jakob Hofmann übernimmt 1855 die Redaktion des Sonntagsblatts und verlagert den Druck zurück nach Würzburg, zur Firma Michael Walz. Hofmann wurde 1818 in Bürgstadt bei Miltenberg geboren, ab 1862 ist er Seelsorger in Güntersleben. 30 unruhige Jahre lang leitet er das Sonntagsblatt. In diese Zeit fällt unter anderem der Krieg 1866, den das protestantisch geprägte Preußen gegen Österreich und seine Verbündeten gewinnt. Nach dem Treffen der Bischöfe 1848 in Würzburg fand die erste als solche bezeichnete Bischofskonferenz in Fulda im Jahr 1867 statt. Dabei wurden verstärkt katholische Tageszeitungen gefordert. Theologe Johann Baptist Stamminger aus Zell am Main gründet daraufhin im Juni 1868 in Würzburg das „Fränkische Volksblatt“ als katholische Tageszeitung und damit starke Konkurrenz für das Sonntagsblatt.
Um die Zensur zu umgehen, bevorzugt Hofmann vor allem erbauliche Erzählungen und Meditationen, politische Fragen werden nur gestreift. In seinem Nachruf im Jahr 1893 heißt es, dass er jeden Mittwoch zwei Stunden von Güntersleben nach Würzburg lief, das Sonntagsblatt schrieb und nachts wieder nach Hause lief. „Auf dem Weg betete er sein Brevier“, steht in dem Bericht. Die Auflage schwankt zwischen mehr als 1000 und unter 500.
Umzug ins Echterhaus
1887 übernimmt Johann Erk, Rektor an der Marienkapelle Würzburg, die Redaktion von Hofmann. 1892 wird der Titel in „Würzburger Katholisches Sonntagsblatt für Stadt und Land“ geändert, also die Bischofsstadt in Unterfranken explizit erwähnt. Im Jahr 1900 zieht die Redaktion vom Burkardushof in die neu gegründete Fränkische Gesellschaftsdruckerei an der Juliuspromenade (Echterhaus) um. Dort bleibt sie bis zum Umzug ins Medienhaus der Diözese Würzburg am Kardinal-Döpfner-Platz im Jahr 2008.
Um das Sonntagsblatt auch wirtschaftlich sicherer aufzustellen, entwickelt sich eine Zusammenarbeit mit den neu gegründeten Arbeiter- und Bauernvereinen. 1906 übernimmt der Diözesanverband der Katholischen Arbeiter- und Arbeiterinnenvereine sogar das Sonntagsblatt als Eigentümer. Schriftleiter Leo Wolpert kann ab 1912 die Auflage steigern bis auf 45.000. Im Ersten Weltkrieg werden zeitweise mehr als 20.000 Exemplare über die Pfarrämter den Soldaten ins Feld geschickt.
Wolpert steht 30 Jahre lang an der Spitze des Sonntagsblatts und erhält den Beinamen „der Press-Priester“. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 und mehreren Ermahnungen der Redaktion wird das Eigentum am Sonntagsblatt sicherheitshalber im September 1933 dem Domkapitel übertragen. Im April 1938 wird zudem der Titel in „Würzburger Bistumsblatt“ geändert. Trotz oder wegen der Repressalien durch die Nazis erreicht die Zeitung unter Bischof Matthias Ehrenfried eine Auflage von 70.000. Die Kriegswirtschaft setzt dem ein jähes Ende: Am 25. Mai 1941 erscheint die vorerst letzte Ausgabe.
Neustart im Jahr 1946
Fast genau fünf Jahre später, am 19. Mai 1946, darf das Sonntagsblatt neu erscheinen. Bischof Ehrenfried beauftragt den jungen Domvikar Dr. Helmut Holzapfel mit der Leitung. Mit Unterstützung des neuen Bischofs Julius Döpfner erweitert Holzapfel den Umfang kontinuierlich von vier auf 32 Seiten. „In jede katholische Familie unseres Bistums gehört unser Sonntagsblatt“, fordert Döpfner anlässlich des 100-jährigen Bestehens 1950. In den 1970er Jahren steigt die Auflage auf mehr als 90.000. Mit der Auflage wächst auch das Team: Es kommen Redakteure, Anzeigenleiter und der Vertrieb mit mehr als 1000 Zustellerinnen und Zusteller hinzu. Inhaltlich prägen das Zweite Vatikanische Konzil (1962 bis 1965) und die Würzburger Synode (1971 bis 1975) die Kirchenzeitung.
Teil des Ordinariats
1978 wird das Sonntagsblatt ins Bischöfliche Ordinariat eingegliedert. Als erster katholischer Laie übernimmt der gebürtige Bamberger Dr. Wilhelm Kirchner 1978 die Leitung des Sonntagsblatts. Nachfolger werden 1989 der gebürtige Fuldaer Dr. Winfried Jestaedt und 1996 der gebürtige Nürnberger Diplom-Theologe Wolfgang Bullin. In Bullins Amtszeit fallen technische Neuerungen wie der Ganzseiten-Umbruch am Computer und die Umstellung auf Digital-Fotografie. Seit den 1990er Jahren wirken sich allerdings auch Kirchen- und Zeitungskrise immer stärker aus, die Auflage schwindet von Jahr zu Jahr. Zum 150-jährigen Bestehen im Jahr 2000 hatte das Sonntagsblatt noch eine Auflage von mehr als 50.000, aktuell sind es noch rund 13.000.
Im Frühjahr 2024 stellt das Ordinariat auf ein 14-täglich erscheinendes Magazin in Kooperation mit 14 weiteren deutschen Bistümern um. Seit Mai 2024 leitet Ralf Ruppert die Redaktion und treibt den Transformationsprozess voran. Das Sonntagsblatt baut auf journalistische Erfahrung und die Bereitschaft zum klaren Standpunkt. Mit der Umstellung auf ein Magazin wurde die Zahl der Agentur-Texte und der Berichte der bischöflichen Pressestelle reduziert. Stattdessen sollen exklusive und von der Würzburger Sonntagsblatt-Redaktion geschriebene Texte Glaubensfreude, spirituelle Impulse und Mehrwert für die Leserinnen und Leser durch Ankündigungen und Vorberichte bieten.
Konstruktiver Journalismus
Die Redaktion fühlt sich dabei dem konstruktiven Journalismus verpflichtet: Kritik wird zwar nicht gescheut, aber die Redaktion sucht stets lösungsorientiert nach Perspektiven. Mit Sekretariat, Buchhaltung und Vertrieb beschäftigt das Sonntagsblatt derzeit neun feste Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zur Redaktion gehört ein Ausbildungsplatz für Nachwuchsjournalisten. Das zweijährige Volontariat ergänzen Kurse am „Institut zur publizistische Ausbildung“ (ifp), der Journalistenschule der katholischen Kirche mit Sitz in München. Auch durch Impulse der Volontäre bleibt das Sonntagsblatt am Puls der Zeit.
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