Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Tannenzweig

Probeabo des Magazins bestellen

Lernen Sie das Sonntagsblatt kennen – kostenlos und unverbindlich

    Lernen Sie das Sonntagsblatt kennen – kostenlos und unverbindlich

      Mehr
      Gedanken zum Evangelium - 32. Sonntag im Jahreskreis

      Damit der Topf voll bleibt

      In der Lesung trifft der Prophet Elija auf eine Witwe, die ihr letztes Brot mit ihm teilt. Und Gott sorgt dafür, dass ihr daraufhin nie das Mehl ausgeht. Für christliche Hilfswerke reicht Gottvertrauen allein nicht. Was machen sie, wenn sich ihre Spendentöpfe leeren?

      Evangelium

      In jener Zeit lehrte Jesus eine große Menschenmenge und sagte: Nehmt euch in Acht vor den Schriftgelehrten! Sie gehen gern in langen Gewändern umher, lieben es, wenn man sie auf den Marktplätzen grüßt, und sie wollen in der Synagoge die Ehrensitze und bei jedem Festmahl die Ehrenplätze haben. Sie fressen die Häuser der Witwen auf und verrichten in ihrer Scheinheiligkeit lange Gebete. Umso härter wird das Urteil sein, das sie erwartet.

      Als Jesus einmal dem Opferkasten gegenübersaß, sah er zu, wie die Leute Geld in den Kasten warfen. Viele Reiche kamen und gaben viel. Da kam auch eine arme Witwe und warf zwei kleine Münzen hinein.

      Er rief seine Jünger zu sich und sagte: Amen, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Opferkasten hineingeworfen als alle andern. Denn sie alle haben nur etwas von ihrem Überfluss hineingeworfen; diese Frau aber, die kaum das Nötigste zum Leben hat, sie hat alles hergegeben, was sie besaß, ihren ganzen Lebensunterhalt.

      Markusevangelium 12,38–44

      Die Menschen im Ostkongo leiden – unter Hunger, Durst und Gewalt. Seit mehr als 30 Jahren tobt in dem Land ein Bürgerkrieg: Regierungstruppen kämpfen gegen Rebellen und Warlords. Rund 120 bewaffnete Gruppen sind in der Region aktiv, Nachbarländer wie Ruanda und Uganda mischen mit. Und die Welt? Nimmt kaum noch Notiz davon.

      Oliver Müller, der Leiter des Hilfswerks Caritas international, war im Frühjahr im Ostkongo. Er hat einige der rund 140 Vertriebenenlager rund um die Stadt Goma besucht. Schätzungsweise 700 000 Menschen leben dort – unter prekären Bedingungen. Familien hausen unter Plastikplanen oder in winzigen Zelten. Es gibt nicht ausreichend Lebensmittel oder funktionierende sanitäre Anlagen.

      Ein großes Problem ist die Versorgung mit sauberem Trinkwasser. In einem Lager sorgt allein die Caritas noch für frisches Wasser. Eine sechsköpfige Familie erhält dort 20 Liter am Tag – für mehr reicht das Geld nicht. Und selbst dieses Engagement ist gefährdet.

      Plötzlich steht im Ostkongo die Wasserversorgung auf der Kippe

      Die Situation erinnert ein wenig an die alttestamentliche Lesung an diesem Sonntag. Der Prophet Elija trifft am Stadttor eine Witwe und bittet sie um Wasser und Brot. Doch sie wiegelt ab: Brot kann sie ihm nicht mehr geben. Sie hat selbst nicht mehr genug für sich und ihren Sohn. Der Ölkrug und der Mehltopf sind leer.

      Letztlich vertraut die Witwe aber doch auf Elijas Wort. Sie backt aus dem letzten Rest ein Brot – und teilt es mit ihm. Und ihre gute Tat zahlt sich aus: Gott sorgt dafür, dass ihr die Vorräte nie mehr ausgehen.

      Eine schöne Geschichte. Wunderbar geradezu. Aber wie sieht es im wahren Leben aus? Was tun etwa die kirchlichen Hilfswerke, wenn sich ihre Spendentöpfe leeren? Wenn sie merken, dass das Geld für wichtige Projekte nicht mehr reicht? Allein auf Gott zu hoffen, reicht dann nicht. Dazu sind die Hilfsprojekte zu teuer. Da müssen weltliche Methoden her.

      Ein Beispiel: Caritas international bekommt für den Ostkongo kaum Spenden und finanziert einen Großteil der Hilfe mit Mitteln des Auswärtigen Amtes. Doch in der humanitären Hilfe wird drastisch gekürzt. Das zuständige Amt stornierte im Sommer die Finanzierung eines Teils der Ostkongo-Hilfe – und die Wasserversorgung im Flüchtlingslager stand auf der Kippe.

      In dieser Notsituation wandte sich Oliver Müller an die Erzdiözese Freiburg, die mit einer großzügigen Spende einsprang und das Hilfsprojekt bis zum Jahresende sicherte. Doch wie es danach weitergeht, ist offen.

      Ein anderes Beispiel: das katholische Hilfswerk Misereor. Es musste bisher keines seiner laufenden Projekte stoppen. Im Gegensatz zu Caritas international ist Misereor weniger in der Nothilfe aktiv, mehr in der Entwicklungszusammenarbeit. Doch auch hier drohen Kürzungen: Zwei Drittel des gesamten Projektbudgets stammen aus staatlichen und kirchlichen Mitteln. „Das zwingt uns, langfristig zu planen“, sagt Julia Biermann, die Abteilungsleiterin Partnerschaften und Spenderkontakte bei dem Hilfswerk. In Zukunft könne es sein, dass einzelne Projekte nicht mehr in gewohntem Umfang oder gar nicht mehr gefördert werden.

      Umso wichtiger ist ein guter Kontakt zu Spendern und Unterstützern, die im Notfall mit größeren Summen einspringen können. „Treue und langjährige Spender sind für uns wertvolle Partner“, sagt Biermann. „Viele unserer Spender sind über 65 Jahre alt und oft im katholischen Umfeld verwurzelt.“ Sie seien häufig relativ wohlhabend und gehörten zu einer Generation, die das Teilen als wichtigen Wert verinnerlicht hat.

      Hilfswerke müssen auch junge Spender für sich gewinnen

      Doch Hilfswerke müssen auch neue, junge Spender für sich gewinnen. Und das wird immer schwieriger – weil die kirchliche Bindung abnimmt. „Es ist ein bisschen wie bei der Partnersuche: Jeder muss das passende Hilfswerk finden. Unsere Themen sprechen nicht alle an, und wir können nicht jede Person für unsere Arbeit begeistern“, sagt Biermann.

      Welche Spende ist nun wertvoller für ein Hilfswerk: die hohen Summen oder die kleine Gabe? Etwa eine wie die der armen Witwe, von der das Evangelium erzählt und die Jesus ausdrücklich lobt. „Kleinere Spenden sind genauso wertvoll wie große Summen“, sagt Biermann. Egal, ob es einmalig 5 oder 10 Euro seien, monatlich 100 Euro oder Summen von mehreren zehntausend Euro, die etwa nach Naturkatastrophen für die Nothilfe gespendet werden.

      Großspenden von Stiftungen und Unternehmen seien für die Hilfswerke zweifellos wichtig. Die dafür nötigen Partnerschaften entstünden oft über einen längeren Zeitraum und erforderten viel Vertrauen. Sie würden aber auch ein gewisses Risiko bergen, sagt Biermann: „Wenn eine solche Unterstützung endet, hinterlässt das ein spürbares Loch.“ Daher sei es wichtig, „die Balance zwischen Klein- und Großspenden zu halten, denn beide tragen gleichermaßen zu unserer Arbeit bei“.

      Und jede Spende – sei sie noch so klein – sei ein wichtiges Zeichen, sagt Biermann: „Es zeigt eine enorme Solidarität, gerade wenn Menschen, die selbst nicht so viel haben, bereit sind, davon zu geben.“ In unserer Zeit, in der gelebte Solidarität schwieriger werde und die Bedeutung von Entwicklungspolitik infrage gestellt werde, sei das ein starkes Signal – auch an die Politik: „In den Diskussionen um Haushaltskürzungen ist jede Spende wichtig, weil sie zeigt, dass unsere Arbeit von vielen Menschen unterstützt wird.“

      Kerstin Ostendorf

      Zur Person
      Julia Biermann ist Abteilungsleiterin Partnerschaften und Spenderkontakte beim katholischenHilfswerk Misereor.